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noch bis in den Anfang unseres Jahrhunderts hinein in den
britischen Meeren, über welche es sich die ausschliessliche
Gebietshoheit beilegte, als Zeichen der Anerkennung dieses
Rechts von allen fremden Schiffen den Salut für seine Kriegs-
schiffe durch Streichen des Topsecgels und der Flagge ver-
langte, und zwar ohne Bewilligung des Gegengrusses.
Alle diese Ansprüche auf Sonderberechtigung am offenen,
freien Weltmeer und die Streitigkeiten, die um dieselben ge-
führt worden sind, gehören heutzutage der Geschichte an.
Die allgemeine moderne Rechtsanschauung lässt sich dahin
zusammenfassen: „Ein Eigentums- oder ein Hoheitsrecht an
dem Meere, insofern dasselbe nicht Gegenstand des Besitzes
oder der Herrschaft sein kann, existiert weder noch kann ein
Ssolches erworben werden. Die Benutzung des offenen Meeres
zu politischen, gewerblichen und wissenschaftlichen Zwecken
steht allen Nationen zu und kann keiner untersagt werden.
Auch die exklusive Benutzung einzelner Meeresgebiete von
einer Nation seit unvordenklicher Zeit, wobei man irrigerweise
von einem unvordenklichen Besitzstande spricht, begründet
ein Exklusivrecht ebensowenig, wie Nichtausübung des Rechts
seit unvordenklicher Zeit dessen Verlust zur Folge haben
kann.“ 1)
) Perels, Das internationale öffentliche Seerecht der Gegenwart.
Berlin 1882, S. 20. Daselbst siche auch über die Streitfrage bezügl. der
Giltigkeit eines Vertrags, in welchem ein Staat auf die Ausübung des
ihm grundsätzlich zustehenden Rechts auf Benutzung des Meercs für sich
bezw. seine Unterthanen verzichtct. — Grotius, D. I. B. ac P. II. 3. 15,
spricht sich für die Giltigkeit eines solchen Vertrages aus. — Vergl.
auch Bluntschli, D. mod. V. R. 8§ 304.