Full text: Der Erwerb der Gebietshoheit.

104. 
hat auch die Lehre vom Gebietserwerb durchgreifende Umge- 
staltungen erfahren. Beim Beginne der völkerrechtlichen 
Entwickelung schen wir sie, entsprechend der allgemeinen 
Staatsauffassung damaliger Zeit, noch vollständig von privat- 
rechtlichen Anschauungen beherrscht. Und in der That, wenn 
man die Gebietshoheit als Eigentum betrachtete, war es ganz 
naturgemäss und folgerichtig, den Erwerb derselben nach den 
Grundsätzen des privatrechtlichen Eigentumserwerbs zu beur- 
teilen. Dazu gewährte das römische Recht in seiner späteren, 
des streng nationalen Gepräges entkleideten Entwickelung ge- 
rade für die Lehre vom Eigentumserwerb ein System von Grund- 
Sätzen, welche sowohl durch den ihnen eigenen universellen 
Charakter, als wegen ihrer weitverbreiteten Geltung unter den 
verschiedensten Völkern wohl geeignet erschienen, die inter- 
nationalen Beziehungen zu regeln. So wurde denn die Theorie 
des römischen Rechts von Grotius als Grundlage der Lehre 
vom Erwerb des sog. Staatseigentums auch in das Natur- und 
Völkerrecht eingeführt. Diesem Vorgang schlossen sich fast 
Sämtliche späteren völkerrechtlichen Schriftsteller an1), und 
auch in der Staatenpraxis wurde mit römisch-rechtlichen Kate- 
gorien argumentiert. 
Wenn man sich nun auch bei fortschreitender Erkenntnis 
So leitet z. B. Bynkershoek seine Erörterung der einzelnen 
Erwerbsgründe mit folg. Worten ein: „Postquum Lex certos dominüi 
acquirendi modos pracscripsit, hos sequemur“ (De Dom. Maris, Op. 
Tom. II.); und einer der neuesten Völkerrechtsschriftsteller, F. v. Martens 
(Völkerrecht I. S. 349), sagt ausdrücklich, dass auf die Erwerbsarten 
des internationalen Eigentums „dic bezüglichen Grundsätze des römischen 
Rechts ganz oder teilweisc anwendbar“ scien.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.