Full text: Der Erwerb der Gebietshoheit.

111. 
Zessionsvertrag gründet, so hängt die Giltigkeit des Erwerbs 
zunächst von der Giltigkeit jenes Vertrags ab. Diese beur- 
teilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen, welche für Ab- 
schluss, Inhalt und Erfüllung völkerrechtlicher Verträge 
gelten. Sie ist Sowohl an staatsrechtliche, wie an völker- 
rechtliche Voraussetzungen geknüpft. 
An der Spitze fast aller modernen Staatsverfassungen 
steht der Grundsatz, dass das Staatsgebiet unveräusserlich 
und unteilbar ist.:) Nur ausnahmsweise kann ein Staat aus 
Gründen politischer Notwendigkeit oder Zweckmässigkeit einen 
Teil seines Gebiets abtreten. Aber auch dann ist eine solche 
Abtretung staatsrechtlich an erschwerende Bedingungen ge- 
knüpft; in den konstitutionellen Staaten bedarf es dazu meist 
eines verfassungsändernden Gesetzes, in absoluten Monarchien 
häufig der Zustimmung von Reichsständen, falls solche vor- 
handen sind.) Indessen ist die völkerrechtliche Giltigkeit 
eines Vertrags von der Erfüllung solcher besonderer staats- 
rechtlicher Bedingungen nicht abhängig. Das Völkerrecht 
verlangt nur, dass der vertragschliessende Zedent das im 
allgemeinen zur völkerrechtlichen Vertretung legitimierte 
Organ eines völkerrechtlich anerkannten Staates sei. 
Ist einer der beiden Kontrahenten nicht Vertreter eines 
Völkerrechtlichen Rechtssubjekts, so ist aus doppeltem Grunde 
) Vergl. z. B. Sächs. Verf-Urk. § 1, Württemb. § 1, Bad. 8 3, 
Oldenburg. Art. 3, u s. w. 
:) So konnte z. B. im absolutistischen Frankreich der König nur 
unter Zustimmung der Etats généraux in giltiger Weise Staatsgebiet 
veräussern.
	        
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