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daher auch nicht mehr in ihrem Gesamtbestand als Gegen-
stände eines Tauschvertrags in Betracht kommen. Es kann
Sich in unserer Zeit bei einem Gebietstausch immer nur um
kleinere Gebietsteile handeln, welche die Staaten, denen sie
angehören, einander gegenseitig abtreten. Seine Hauptstelle
findet der Gebietstausch demgemäss in Grenzverträgen.#
2. Die Zession der Gebietshoheit kann auch gegen eine
als Aquivalent betrachtete Geldleistung erfolgen und dadurch
die Form eines Kaufes annehmen. Auch diese früher sehr
häufig vorkommende Gebietserwerbsart ist infolge unserer
vorgeschrittenen Staatsauffassung in neuerer Zeit seltener
geworden und findet nur noch ausnahmsweise Anwendung.
Ganz ausser Gebrauch gekommen ist dieselbe indessen nicht,
und man wird sie auch nicht ohne weiteres mit Bluntschli
(6 292) als eine unseres Zeitalters unwürdige bezeichnen
dürfen. Die völkerrechtliche Giltigkeit eines derartigen Ver-
trages ist zweifellos; seine moralische Rechtfertigung dagegen
kann lediglich in seinen Motiven gefunden werden. Wenn
diese nicht von Eigennutz und Geldgier, sondern von hohen
staatsmännischen Gesichtspunkten ausgehen, welche die Abtre-
1) Aus neuerer Zeit gehört dahin der auf Grund der Konvention
v. 28./31. August 1872 zwischen dem Deutschen Reich und der franzö-
sischen Republik erfolgte Austausch von Grenzdistrikten. Zu erwähnen
ist ferner der Tauschvertrag zwischen Japan und Russland vom 7. Mai
, wodurch letzteres die Insel Sachalin gegen Abtretung der Kurilen--
inselgruppe erwarb. S. Bulmerincq, Völkerrecht, 8§ 47, S. 287. Der
daselbst weiter angeführte Fall eines Immobilientausches zwischen Russ-
land und Schweden ist rein privatrechtlicher Natur.