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für ihn der Satz coactus voluit, er hat jedenfalls den Abtre-
tungswillen gehabt; wenn er nicht abtreten wollte, blieb ihm
ja immer die Wahl, den Kampf bis zu seiner vollständigen
Vernichtung fortzuführen.
Wenn ein Friedensschluss, durch welchen der besiegte
Staat sich freiwillig den Bedingungen des Siegers unterwirft,
nicht zu stande kommt, und der Krieg bis zur vollständigen
Erschöpfung des Gegners und der Vernichtung seines Staats-
wesens fortgeführt wird, so liegt der Fall der völkerrecht-
lichen debellatio vor, welche fast allgemein als besonderer
Erwerbstitel der Gebietshoheit betrachtet wird.
Wenn jedoch auch der Gebietserwerb dureh Erober--
ung, deren Begriff wir auf den spezifischen Fall der debellatio
im technischen Sinne einschränken müssen ), eine ganz eigen-
Not und Schwäche genötigt ist, den Vertrag einzugehen, wie ihn ein
übermächtiger anderer Staat ihm vorschreibt“, und § 704: „Die Ueber-
macht des Siegers hindert nicht die Giltigkeit des Friedensschlusses,
wohl aber der äussere Zwang gegen den bevollmächtigten Vertreter der
Kriegspartei, welche über den Frieden unterhandelt “ S. auch § 409.
) In der völkerrechtlichen Litteratur werden die beiden ihrer
juristischen Natur nach grundverschiedenen Fälle des Gebietserwerbs
infolge eines Krieges, die Abtretung durch Friedensvertrag und der
ohne solchen erfolgende einseitige Erwerb durch debellatio, nicht
immer streng auseinander gehalten. Häufig werden beide unter dem ge-
meinsamen Titel des Eroberungsrechts (droit de conqucète) zusammen-
gefasst, woraus dann für beide Erwerbsarten ganz verkehrte Schlüsse ge-
zogen werden. So verlangt z. B F. von Martens (Völkerrecht I, S. 3560)
zur Giltigkeit des Gebietserwerbs durch „Eroberung (debellatio)“, welche
er zu den abgeleiteten Erwerbsarten rechnet, erstens einen Friedens-
vertrag, zweitens die thatsüchliche Besitzergreifung des zedierten Gebiets,
und drittens die thatsüchliche Subjektion der Bewohnerschaft desselben.
Es ist klar, dass M. dabei nur den einen Fall des Erwerbs durch Zession
im Auge hat, auf welchen er unrichtig die Bezeichnung debellatio aus-