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nicht um seiner selbst willen da; er findet vielmehr den Rechts-
grund seiner Existenz nur darin, dass er sich als die notwendige
Erscheinungsform des Gemeinschaftslebens seiner Angehörigen
darstellt. Wenn er aufhört dies zu sein, wenn er den höchsten
Aufgaben und Interessen der in ihm geeinten Volksgenossen-
schaft nicht mehr zu genügen vermag, So hat er seine Existenz-
berechtigung sich selbst und seinen Angehörigen gegenüber ver-
wirkt und muss berechtigteren polititischen Gestaltungen weichen.
Die Auflösung des bisherigen Staatsverbandes kann nicht
nur in gewaltsamer Weise durch eine Revolution erfolgen;
sie kann sich auch auf dem Wege friedlicher Ubereinstim--
mung aller staatlichen Faktoren vollzichen. Die politische
Neugestaltung, die an die Stelle des bisherigen Staates tritt,
kann sehr verschiedener Natur scin. Ein grosser Staat kann
in mehrere kleinere Gebiete zerfallen, die sich zu selb-
ständigen Staaten mit eigener Gebietshohei# organisieren: in
diesem Falle entstchen ebensoviel neue Gebietshoheiten, als
Staaten; es kann aber für jeden dieser neu entstandenen
Staaten nicht von einem völkerrechtlichen Erwerb, sondern
nur von einer ursprünglichen Entstehung der Gebietshoheit
die Rede sein.:)
Ein in einem kleinen Staatswosen gceintes Volk kann
die Erreichung seiner Lebenszwecke und seiner nationalen.
Aufgaben dadurch zu erreichen suchen, dass es sich mit
andern Staaten, welche gleiche Interessen und Ziele verfolgen,
) Vergl. darüber die obigen Ausführungen S. 40.