Full text: Der Erwerb der Gebietshoheit.

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Solchen Titel nicht mehr gelten lässt. Dasselbe gilt für einen 
Erwerb auf Grund eines auch heute anerkannten Titels, für 
welchen jedoch das moderne Völkerrecht im einzelnen Er- 
fordernisse aufgestellt hat, die dem früheren Recht unbekannt 
waren. So muss man z. B. eine im 16. oder 17. Jahrhundert 
vorgenommene Okkupation, ganz für sich betrachtet, als giltig 
anschen, wenn derselben auch der vom heutigen Recht ge- 
forderte Charakter der Effektivität fehlte. 
Nun würden wir aber bei einer näheren Analyse des 
gegenwärtigen Besitzstandes der Staaten nicht nur auf manche 
Erwerbungen stossen, die nachweislich selbst nach dem Rechte 
ihrer Zeit in widerrechtlicher, gewaltsamer Weise vollzogen 
wurden, sondern wir würden auch manchen Gebietsteilen 
begegnen, die der Staat zwar seit langer Zeit unbestritten 
besitzt, für die sich jedoch ein bestimmter Erwerbstitel nicht 
mehr nachweisen lässt. Sollen wir nun derartigen Besitzungen, 
die häufig einen grossen Teil eines Staatsgebiets ausmachen, 
den Charakter der Rechtmässigkeit absprechen? Offenbar 
würden wir damit in schroffsten Gegensatz zu der Auffassung 
und dem Rechtsbewusstsein der gesamten zivilisierten Staaten- 
welt treten. Alle Staaten der völkerrechtlichen Gemeinschaft 
erkennen wechselseitig ihre thatsächlich vorhandene und geübte 
Gebietshoheit auch ohne Rücksicht auf deren Erwerbsgrund 
insofern an, als Sich in der Dauer ihres ungestörten Bestehens 
eine gewisse innere Notwendigkeit des Bestehenden geoffenbart 
hat. Es ist die heiligende und reinigende Macht der Zeit. 
welche als Recht schaffend und Unrecht tilgend im Rechte
	        
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