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für eine freiwillige Dereliktion seitens des früheren Berech-
tigten, sondern er glaubt es als einen allgemein giltigen
Völkerrechtlichen Rechtssatz aussprechen zu dürfen, „ut pos-
sessio memoriam efx#cedens, non interrupta, nec provocatione
ad arbitrum interpellata, omnino dominium transterret; cre-
dibile est enim in id consentisse gentes, cum ad pacem com-
munem id vel maxime interesset.“ (a. a. O. §§ 7—9). So
ist nach der Auffassung von Grotius zwar nicht die an eine
bestimmte Zeitfrist geknüpfte Ersitzung, wohl aber die auf
unvordenkliche Zeit gegründete Verjährung ein be-
sonderer, selbständiger Ewerbstitel der Gebietsho-
heit. Als solcher wird die Verjährung auch von beinahe
sämtlichen späteren Völkerrechtsschriftstellern behandelt. Im
einzelnen freilich hat über wenig Fragen grössere Meinungs--
verschiedenheit geherrscht.
Die völkerrechtliche Verjährung bildete Jahrhunderte hin-
durch das Lieblingsthema aller gelehrten Dissertationen und
Disputationen, den hauptsächlichsten Tummelplatz der reinen
Theorie und Schulweisheit. Die Zahl der sie behandelnden
Schriften ist Legion.1) Da man sich jedoch von den über-
kommenen privatrechtlichen und naturrechtlichen Anschau-
ungen nie recht freizumachen wusste, so ist durch all das
viele Reden und Schreiben über dieselbe, die Frage nicht viel
weiter gebracht, geschweige denn in befriedigender Weise er-
S. das Verzeichnis der öheren Monographien über diesen Gegen-
stand bei v. Ompteda § 213 u. v. Kamptz § 150. Für die neuere
Litteratur vergl. Calko, I. § 213. p. 318.