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zustand nicht sowohl begründet, als vielmehr seine Begründet-
heit (durch eine frühere, dem Gedächtnis entschwundene
Thatsache) bewiesen und ausser Zweifel gestellt werden soll.
Es liegt also auch hier eigentlich eine Präsumtion zu Grunde,
die sich aber nicht, wie in dem oben erwähnten Falle auf
das Erlöschen eines früheren Rechts, sondern in positiver
Weise auf das Vorbandensein eines Erwerbstitels auf Seiten
des Besitzers bezieht.
Allein der hergebrachte Begriff der unvordenklichen Ver-
jährung ist für das Völkerrecht nach jeder Richtung hin viel
zu eng und auch bei der weitesten Ausdehnung nicht genü-
gend, einen Rechtstitel für den allgemein anerkannten Staa-
tenbesitz abzugeben, soweit dieser sich nicht auf einen be-
sonderen völkerrechtlichen Erwerbsgrund zurückführen lässt.
Die diesen Besitz nachträglich rechtfertigende Sanktion ist
vor allem nicht an den Ablauf einer wie immer bestimmten
Zeit gebunden. Wäre sie es, 80 würde selbst die von dem
Begriff der Unvordenklichkeit geforderte Spanne von zwei
Menschenaltern eine viel zu kurze sein. Das Leben der
Staaten vollzieht sich in grösseren Zeitläuften, als das Dasein
des einzelnen Menschen, und das Gedächtnis zweier Genera--
tionen kann nicht massgebend sein für die Erinnerung an
Prozesse des Staatenlebens, welche die Geschichte durch Jahr-
hunderte und Jahrtausende der Nachwelt gegenwärtig erhält.
Die Festsctzung der Besitzdauer auf zwei Menschenalter wäre
für das Völkerrecht zum mindesten ebenso willkürlich, wie
die zehn- und zwanzigjährige Frist der Ersitzung. Das Völ--