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sönlichkeit,:!) sondern auch als einen sittlichen und
rechtlichen Organismus auffassen, den Sitz der Staats-
gewalt nicht ausserhalb und über diesem Organismus, sou-
dern in ihm zu suchen, in derselben nicht ein ausserhalb
stehendes Willenssubjekt, sondern das Willensorgan, die
Seele der Staatspersönlichkeit selbst zu erblicken. Zugleich
wurden Wesen und Grenzen der Staatsgewalt näher bestimmt,
indem man in ihr den herrschenden und befkehlenden
Staatswillen erkannte, dessen Herrschaft aber als eine
rein öftentlichrechtliche auffasste. In der Anwendung der
beiden Begriffe der Persönlichkeit und des Organismus auf
das Wesen des Staates liegt der ebochemachende Fortschritt
in der staatsphilosophischen und stantsrechtlichen Erkenntnis
unseres Jahrhbunderts. Es giebt Kaum ein wichtigeres stants-
rechtliches Institut. das nicht durch diese moderne Staats-
auffassung in ein neues helleres Licht gerückt, dessen Begriff
durch dieselbe nicht geläutert und umgeformt worden wire.
Durch sie erst wurde auch in den vielfach verdunkelten und
durch privatrechtliche Beimischungen getrübten Begriff der
Gebietshoheit allmählich einige Klarheit gebracht.
Aus dem, was oben über den Charakter des mittelalter-
lich-feudalen und des Patrimonialstaates gesagt worden ist.
ergiebt sich von selbst, wie jene Staatstheorien das Verhältnis
des Staates oder vielmehr des Ilerrschers zu seinem Lande
9 An solche hatte schon Pufendorf den Stunt bezeichnet. Vergl.
Jus Nat. et Gent. lib. VII c. II. § 13:
„Unde civitatis haec commodissima videtur delinitio, duod sit per-
sona moralis composita etc.“