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Clemens Denhardt. Dem gleichzeitig in besonders ausgefer-
tigter Urkunde geäusserten Wunsche des Sultans, „zu Seiner
Majestät dem Deutschen Kaiser in ein aufrichtig freund-
schaftliches Verhältnis und unter Allerhöchstdessen mächtigen
Schutz zu treten“, wurde am 27. Mai desselben Jahres durch
Ubernahme des Protektorats seitens des Deutschen Reiches
stattgegeben. ) Die von Denhardt erworbenen Besitzungen
und Rechte giengen am 30. Juni 1886 kaufweise auf die
neugebildete Witu-Gesellschaft über, welche alsbald Besitz
von dem Gebiete ergriff, Einen Schutzbrief hat diese Ge-
Sellschaft bisher nicht erhalten.
Damit wollen wir die Aufzählung der historischen Prä-
zedenzfälle, in denen ein Erwerb von Gebietshcoheitsrechten
Sseitens Privater stattgefunden hat, wiewohl dieselbe keines-
wegs erschöpfend ist?), abschliessen.
Es ist nun die Aufgabe, vermittels einer kritischen Be-
trachtung der einzelnen thatsächlichen Erscheinungen zu unter-
Suchen, ob und inwieweit in denselben ein allgemeincs Rechts-
1) Dber die kolonialen Gebietserwerbungen des Deutschen Reichs
vergl. bes. „Die deutsche Kolonialpolitik“. Leipzig 1886, und die dem
Reichstag vorgelegte offizielle „Denkschrift über dic deutschen Schutz-
gebiete“. Vergl. auch von Stengel, a. a. O. S. 5 fl. und neuerdings in
Hirth'’s Ann. 1887, S. 805 fr.
2) Catellani erwähnt noch die beiden Fälle von Macao, wolches
von 1557—1622 im Besitz portugiesischer Kaufleute stand (a. a. 0O.
S. 507,8), und von Sarawak, einem im Jahre 1841 von Sir James Brocke
an der Nordwestküste von Borneo gegründeten, unabhängigen Fürsten-
tum, in dessen Regierung nach dem Tode seines Gründers 1868 dessen
Enkel Charles Johnson Brooke von allen Mächten anerkannt unter dem
Titel Karl I., Fürst von Sarawak, nachfolgte.