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letztere Recht, welches in früherer Zeit meist versagt oder
nur unter sehr erschwerenden Bedingungen und Vermögens-
nachteilen gewährt wurde, ist nach heutigem Völkerrecht ein
ganz Sselbstverständliches.
Am Spätesten hat das freie Selbstbestimmungsrecht der
eingeborenen Bevölkerung beim Gebietserwerb durch Okku-
pation herrenlosen Landes Anerkennung gefunden. Ein solches
äussert sich, wenn auch in beschränktem Masse, in den meist
unter dem Namen von Schutz- und Freundschaftsverträgen
auftretenden Vereinbarungen mit den Häuptlingen wilder
Völkerschaften, welche in der neuesten Entwickelung des ko-
lonialen Gebietserwerbsrechts der Okkupation vorherzugehen
und dieselbe vorzubereiten pflegen.:)
Die Gebietshoheit eines Staates umfasst das gesamte
Staatsgebiet dessclben als ein ideelles Ganzes. Dass
das Gebiet auch räumlich ein zusammenhängendes sei oder
geographisch ein Ganzes bilde, ist dagegen nicht erforderlich.
Die Gebietshoheit erstreckt sich grundsätzlich ebenso, wie
über das ursprüngliche Stammterritorium eines Volkes, auch
über seine entlegensten Kolonien, vorausgesetzt natürlich,
dass diese Kolonien im Rechtssinne, d. h. der vollen Sou-
Veränetät des Staates unterworfen sind. Die gebräuchlichen
1) Diese Auffassung der bezeichneten Verträge, wonach dicselben
nur als Vorbereitungsakte zur okkuputorischen Besitznahme, nicht als
Zessions- oder eigentliche Protektoratsverträge zu betrachten sind, ist
schr bestritten, und mössen wir auf die nühere Begründung und Aus-
führung unserer Anusicht in der Lehre von der Okkupation verweisen.