Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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72. 
Rechtspflege unter Friedrich dem Großen. 
A. Abschaffung der Tortur. 
Quelle: Der König an den Etatsminister von Cocceii. 
Charlottenburg, 3. Juni 1740. 
Fundort: Acta Borussica. Beh.-Org. a. a. O. Bd. 6. Nr. 28. 
S. K. M. zu Preußen usw. haben aus bewegenden Ursachen resolviret, in 
Dero Landen bei denen Ingquisitionen die Tortur gänzlich abzuschaffen, außer bei 
dem crimine laesae maiestatis1) und Landesverräterei, auch denen großen Mord- 
taten, wo viele Menschen ums Leben gebracht oder viele Delinquenten, deren 
Connexion herauszubringen nötig, impliciret sind. Hingegen sollen in allen 
übrigen Fällen, wenn die Delinquenten die stärkesten und sonnenklare Indicia und 
Beweise durch viele unverdächtige Zeugen und dergleichen wider sich haben und 
doch aus hartnäckiger Bosheit nicht gestehen wollen, dieselben nach denen Gesetzen 
bestrafet werden. 
B. Gerechtigkeit ohne Ansehen der Person. 
Quelle: Der König an den Justizminister. Potsdam, 7. November 1777, 
Fundort: Stadelmann d. a. O. Bd. 2. S. 487. 
Es mißfällt mir sehr, da ich vernehme, daß mit denen armen Leuten, die in 
Prozeß-Sachen in Berlin zu tun haben, so hart umgegangen wird, und daß man 
sie vor ausgemachter Sache gleich mit Arrest bedrohet und verfolget Ob ich 
nun wohl der Polizei solches bereits untersagt habe, so muß ich Euch dennoch 
und besonders dem Etatsminister von Münchhausen hierdurch zu erkennen geben, 
daß in meinen Augen ein armer Bauer ebensoviel gilt wie der vor- 
nehmste Graf und der reichste Edelmann, und ist das Recht sowohl für 
vornehme als geringe Leute. 
Ich gebiete daher alles Ernstes, sie pglimpflich anzuhören und die Be- 
endigung ihrer Prozesse desto mehr zu beschleunigen, damit sie prompte ab- 
gefertigt werden und nicht nötig haben, sich darnach dorten so lange aufzuhalten. 
Ihr habt Euch also hiernach gehörig zu richten. 
73. 
Wirtschaftspolitik Friedrichs des Großen. 
A. Finanzen. 
a) Finanzwirtschaft im allgemeinen. 
Quelle: Politisches Testament Friedrichs von 1752.2) 
Ülbersetzung: G. Mendelssohn-Bartholdy a. a. O. S. 45. 
Soll das Land glücklich sein, will der Fürst geachtet werden, so muß er un- 
bedingt Ordnung in seinen Finanzen halten. Noch nie hat eine arme Regierung 
sich Ansehen verschafft. Das zeigen die Beispiele Osterreichs, Hollands, Sachsens, 
Frankreichs. Wenn schon diese reicheren Staaten sich durch ihre schlechte Wirtschaft 
1) Majestätsverbrechen. 
2) April bis Juli 1752, mit Nachtrag vom 27. August 1752.
	        
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