Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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griffe wieder auf hiesige Amter anwendbar machen könnten. Der Landmann in 
der Mark habe noch zu vielen Eigensinn und Widerwillen gegen neue Einrichtungen, 
wenn sie auch noch so nützlich und gut wären. Die Beamten müßten daher mit 
brauchbaren Dingen immer erst den Anfang machen; wenn die Untertanen dann 
sähen, daß es gut ginge, würden sie wohl folgen. „Sie glauben nicht, meine 
Herren,“ rief der König mit vieler Lebhaftigkeit aus, „was mir alles daran ge- 
legen ist, die Leute klug und glücklich zu machen; aber Sie werden es ebenso gut 
als ich erfahren haben, wieviel Widerspruch man findet, wenn man auch die beste 
Absicht hat.“ 
Wir versicherten Seiner Majestät, daß wir leider solche Erfahrungen gemacht 
hätten, ließen uns aber dadurch nicht abschrecken, mit aller Nachsicht und Geduld 
die Untertanen auf Wege zu ihrem Besten zu leiten, und sähen auch bereits hie 
und da manche gute Früchte; man müsse hoffen, daß die Zeit alles mehr und 
mehr verbessern werde. 
„Das wünsche und will ich!“ sagte darauf der König und fuhr sodann fort: 
„Ich habe bemerkt, daß noch viele sechsjährige Ländereien mit Korn besäet 
werden, das dem Landmann kaum die Kosten einbringt. Besser wäre es, wenn 
diese Ländereien mit nützlichen Futterkräutern zu künstlichen Wiesen gemacht 
würden; dies könnte ein wirkendes Mittel sein, die aller Viehweide so sehr vor- 
zuziehende Stallfütterung einzuführen, wodurch der Acker mehr Dünger bekommt 
und der Ackerbau weit höher getrieben werden kann. Ich will nicht einmal des 
Vorteils gedenken, den diese Stallfütterung zum Nutzen des Melkviehs hervor- 
bringt.“ 
Wir erwiderten hierauf Seiner Majestät, daß schon vor einigen Jahren in 
sämtlichen Amtern der Kurmark die sechsjährigen Ländereien abgeschafft und den 
Forsten zugelegt wären. Befänden sich aber dergleichen noch bei den Edelleuten 
und Bauern, so würden wir nicht unterlassen, sie in die beste Anwendung zu 
bringen. 
„Ich finde auch,“ sagte der König, „daß in der Kurmark, deren Aufnahme mir 
sonderlich angelegen ist, noch viele starke Sandfelder und sandige Gegenden vor- 
handen sind. So habe ich z. B. auf meiner letzten Rückreise über Freienwalde 
nach Berlin die Gegenden um Löwenberg, Straußberg, Alt- Landsberg und 
Werneuchen so beschaffen gefunden und möchte gern, daß man allen Fleiß ver- 
wendete, diese Gegenden auf die eine oder andere Art nutzbar zu machen. Ich 
weiß, was der Eifer dabei tun kann und was an manchen Orten schon bewirkt 
worden ist. Auch die Urbarmachung der großen Wische bei Stendal scheint mir 
eine Hauptverbesserung zu sein, auf die ich vorzüglich mit reflektiere, um davon 
zu den wüsten Stellen in Stendal etwas zulegen zu können, damit sich zum An- 
bau desto mehr Leute finden, und überdem kann von den übrigen auf dieser 
urbargemachten Wische noch eine Kolonie oder Holländerei von Ausländern an- 
gelegt werden. Diese nützliche Verbesserung muß die erste Arbeit der neuen 
Deputation sein. Die Bienenzucht und den Seidenbau muß man, soviel als 
immer, in Aufnahme zu bringen suchen. Die Maulbeerbäume sind so vielfältig 
angewachsen, daß man davon eine Menge Seidenwürmer füttern kann, wenn in 
den Gegenden, wo der Bau mit Nutzen betrieben werden kann, die Beamten 
jährlich eine gewisse Anzahl Kokons gegen bare Bezahlung an das Seidenmagazin 
abliefern.“
	        
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