Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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ob nicht sowohl Amts., Städte= und adlige Untertanen von diesem dem Bauers- 
mann so gar lästigen Umstande in gewissem Maße befreit und die Sache der- 
gestalt eingerichtet werden könne, daß, anstatt daß der Bauer jetzt die ganze 
Woche dienen muß, derselbe die Woche über nicht mehr als drei oder vier Tage 
zu Hofe dienen dürfe. Es wird dieses zwar anfangs etwas Geschrei geben, allein 
da es für den gemeinen Mann nicht auszustehen ist, wenn er wöchentlich fünf 
Tage oder gar sechs Tage dienen soll, die Arbeit an sich auch bei den elenden 
Umständen, worein er dadurch gesetzt wird, von ihm sehr schlecht verrichtet werden 
muß, so muß darunter einmal durchgegriffen werden! Und es werden alle ver- 
nünftigen Gutsbesitzer sich hoffentlich wohl dazu verstehen, in diese Veränderung 
der Diensttage ohne Schwierigkeit zu willigen, um so mehr, da sie in der Tat 
ersehen werden, daß, wenn der Bauer sich erst ein wenig wieder erholt hat, er in 
den wenigen Tagen ebensoviel und vielleicht noch mehr und besser arbeiten wird, 
als er vorher in den vielen Tagen getan hat. 
2. Quelle: Kabinettsorder Friedrichs an die kurmärkische Kammer vom 
15. Juli 1749. 
Fundort: Preuß, Friedrich der Große. Berlin 1832—34. Bd. 1. S. 305. 
Da verschiedene Domänenbeamte die Bauern mit Stockschlägen übel traktieret 
haben, Se. Kgl. Maj. aber dergleichen Tyrannei gegen Dero Untertanen durchaus 
nicht gestatten wollen, so wollen Höchstdieselben, daß, wenn forthin einem bewiesen 
werden kann, daß er einen Bauer mit dem Stocke geschlagen habe, ersterer so- 
dann deshalb allsofort und ohne einige Gnade auf 6 Jahre zur Festung gebracht 
werden soll, wenn auch schon dergleichen Beamte der beste Bezahler wäre und 
seine Pacht sogar pränumerierte. 
3. Quelle: Kabinettsorder Friedrichs an den Oberpräsident von Domhardt 
vom 2. April 1771. 
Fundort: Preuß a. a. O. Bd. 3. S. 99. 
Die Untertanen werden für freie Leute erklärt und die Leibeigenschaft auf- 
gehoben, auch dergestalt gesetzet, daß kein Bauer die Woche hindurch mehr als 
drei Tage Hofdienst tut, und dieserhalb müssen auch alle die zu den Starosteien 
gehörigen Vorwerke, wo keine Brauereien sind, zu Dörfern gemacht werden. 
C. Berordnungen für andere Berufsklassen. 
1. Quelle: Kabinettsorder an die westpreußischen Kriegs= und Domänen= 
kammern vom 7. Juni 1775. 
Fundort (1.—3. Quelle): Ergänzungen zum Seminarlesebuch. Berlin 1890. S. ö3 ff. 
Es fehlet im Lande gar sehr an Kreis-Physicis, Badern, Chirurgen und 
Apothekern, daher denn die armen Leute, so einen oder andern gebrauchen, 
sehr weit danach laufen müssen. Se. Kal. Maj. wollen demnach, daß in jedem 
Kreis ein tüchtiger Kreis-Physikus bestellet, auch hin und wieder in den 
Städten geschickte Apotheker, Feldscher und Bader angesetzet werden, und wenn 
dergleichen in zwei oder drei kleinen Städten auch nur einer ist, wenn die 
Orter nicht zu weit auseinander liegen, so ist das vors erste schon genug, und 
muß solches, wenn es damit so weit gekommen, dem Lande ordentlich bekannt 
gemacht werden.
	        
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