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tage befinden wird, als ein dem Staate zugehöriges Gut, das nur zur Ver—
teidigung oder zur Unterstützung des Volkes angewandt werden darf .
4. Der Königin, meiner Gemahlin, vermache ich zu den Einkünften, die sie
schon bezieht, noch jährlich 10000 Taler als Zulage, zwei Faß Wein jährlich,
freies Holz und Wildbret für ihre Tafel. So hat die Königin versprochen, meinen
Neffen zu ihrem Erben einzusetzen. Da sich übrigens kein schicklicher Ort findet,
ihr denselben zur Residenz anzuweisen, so mag es Stettin dem Namen nach sein.
Doch fordere ich zugleich von meinem Neffen, ihr eine standesgemäße Wohnung
im Berliner Schlosse frei zu lassen; auch wird er ihr jene Hochachtung beweisen,
die ihr als der Witwe seines Oheims und als einer Fürstin, die nie vom Tugend-
pfade abgewichen, gebühret. .
5. Nun zur Allodialverlassenschaft! Ich bin nie weder geizig noch reich gewesen
und habe folglich auch nicht viel eigenes Vermögen, worüber ich disponieren kann.
Ichhabedie Einkünftedes Staates immer als die Bundeslade betrachtet,
welche keine unheilige Hand berühren durfte. Ich habe die öffentlichen Ein-
künfte nie zu meinem besonderen Nutzen verwendet. Meine Ausgaben haben nie in einem
Jahre 220000 Taler überstiegen. Auch läßt mir meine Staatsverwaltung ein ruhiges
Gewissen, und ich scheue mich nicht, öffentlich Rechenschaft davon abzulegen
32. Ich empfehle meinem Nachfolger ferner, sein Geblüt auch in den Per-
sonen seiner Oheime, Tanten und übrigen Anverwandten zu ehren. Das Ohn-
gefähr, welches bei der Bestimmung der Menschen obwaltet, bestimmt auch die
Erstgeburt; und darum, daß man König ist, ist man nicht mehr wert als die
übrigen. Ich empfehle allen meinen Verwandten, in gutem Einverständnisse zu
leben und nicht zu vergessen, im Notfalle ihr persönliches Interesse dem Wohl des
Vaterlandes und dem Vorteile des Staates aufzuopfern.
Meine letzten Wünsche in dem Augenblicke, wo ich den letzten Hauch von
mir geben werde, werden der Wohlfahrt dieses Reiches gelten. Möchte es doch
stets mit Gerechtigkeit, Weisheit und Nachdruck regiert werden; möchte es durch
die Milde seiner Gesetze der glücklichste, möchte es in Rücksicht auf die Finanzen
der am besten verwaltete, möchte es durch ein Heer, das nur nach Ehre und
edlem Ruhm strebt, der am tapfersten verteidigte Staat sein; o, möchte Preußen
doch in höchster Blüte bis an das Ende der Zeit fortdauern!
Geschehen zu Berlin, den 8. Januar 1769. Friedrich.
8.
Einer, der Friedrich den Großen dreimal gesehen hat.
Quelle: Aus dem Nachlasse Fr. Aug. Ludwigs von der Marwitzt) auf
Friedersdorf bei Berlin 1852. Bd. 1. S. 13—18.
Das erste Mal sah ich Friedrich den Großen im Sommer 1782 (vielleicht auch
1783), wie er von der jährlichen Revue in Preußen zurückkehrte und in Dolgelin
Pferde wechselte. Ich war mit der Mademoiselle Bénkzet hingeschickt und wartete
auf ihn mit dem dortigen Prediger.
1) In diesen interessanten Denkwürdigkeiten erzählt der General von der Marwitz,
wie er in seiner Jugend den großen Friedrich dreimal gesehen hat. Er wurde im Jahre
1777 geboren und diente im vornehmen Regiment Gensdarmes, verließ aber 1802 den
Dienst, um sich der Bewirtschaftung seines bei Küstrin gelegenen Gutes Friedersdorf zu