Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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Volkes mit Sicherheit bestimmen läßt, ob der Wille des einzelnen mit dem all- 
gemeinen in Einklang ist. Cx. Buch, 7. Kap.) 
Bei der Untersuchung, worin denn eigentlich das höchste Wohl aller, welches 
der Zweck eines jeden Systems der Gesetzgebung sein soll, besteht, wird man finden, 
daß es auf zwei Hauptgegenstände hinausläuft, Freiheit und Gleichheit, Freiheit, 
weil jede Abhängigkeit des einzelnen eine ebenso große Kraft dem Staatskörper 
entzieht, Gleichheit, weil die Freiheit ohne sie nicht bestehen kann. 
Ich habe bereits auseinandergesetzt, was bürgerliche Freiheit ist; was nun die 
Gleichheit anlangt, so ist unter diesem Worte nicht zu verstehen, daß alle eine 
durchaus gleich große Kraft und einen genau ebenso großen Reichtum besitzen, 
sondern daß die Gewalt jede Gewalttätigkeit ausschließt und sich nur kraft der 
Gesetze und der Stellung im Staate äußern darf, daß ferner kein Staatsbürger 
so reich sein darf, um sich einen anderen kaufen zu können, noch so arm, um sich 
verkaufen zu müssen. (#. Luch, 11. Kap.) 
Sobald das Volk als souveräne Körperschaft rechtmäßig versammelt ist, hört 
jede Tätigkeit der Regierung auf, die Macht der Exekution ist zeitweilig aufgehoben, 
und die Person des letzten Bürgers ist so heilig und unverletzlich wie die der 
ersten Magistratsperson; denn wo die vertretene Person selber auftritt, da gibt 
es keinen Vertreter mehr. (FJ. Luch, 14. Kap.) 
82. 
Der französische Staat als ein „Gesellschaftskörper“. 
Quelle: Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte durch die fran— 
zösische Nationalversammlung. 26. August 1789. 
Fundort: L. Blanc, Geschichte der französischen Revolution. Leipzig 1847—53. Bd. 3. S. 51—53. 
In der Überzeugung, daß die Unkenntnis, das Vergessen oder die Gering- 
schätzung der Menschenrechte die alleinigen Ursachen der öffentlichen Mißstände und 
der Verderbtheit der Behörden sind, haben die in der Nationalversammlung ver- 
einigten Vertreter des französischen Volkes beschlossen, in einer feierlichen Er- 
klärung die natürlichen, unveräußerlichen und geheiligten Rechte des Menschen 
bekannt zu geben, damit diese Erklärung allen Gliedern des Gesellschaftskörpers 
beständig vor Augen sei und ihnen unaufhörlich ihre Rechte und ihre Pflichten ins 
Gedächtnis zurückrufe; damit die Handlungen der gesetzgebenden und der aus- 
übenden Gewalt größerer Achtung begegnen, indem sie in jedem Augenblick mit 
dem Zweck der ganzen Staatseinrichtung verglichen werden können; damit ferner 
die hinfort auf einfache und unbestreitbare Grundsätze gestützten Beschwerden der 
Bürger der Aufrechthaltung der Verfassung und der allgemeinen Wohlfahrt dienen. 
Die Nationalversammlung erkennt daher an und gibt in Gegenwart und unter 
dem Schutze des höchsten Wesens die folgenden Menschen= und Bürgerrechte be- 
annt. 
Artikel 1. Die Menschen werden frei und mit gleichen Rechten gevoren und 
bleiben es auch. — Die gesellschaftlichen Unterschiede können nur auf die all- 
gemeine Brauchbarkeit gegründet werden. 
Artikel 2. Der Zweck jeder politischen Assoziation ist die Erhaltung der 
natürlichen und unverjährbaren Rechte des Menschen. Diese Rechte sind: die 
Freiheit, das Eigentum, die Sicherheit und der Widerstand gegen Unterdrückung. 
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