Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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Geist hingearbeitet; der König hat ohne alle Vorurteile hier nicht allein sich 
willig gezeigt, sondern uns sehr viele dem Geist und den neuen Verhältnissen an- 
gemessene Ideen selbst angegeben!). Folgt der König dem neuen Entwurfe, den 
er zum Teil schon genehmigt hat, erschwert das Vorurteil nicht die Ausführung, 
wird nicht der Hauptzweck durch Abänderungen, durch schlechte Exekutoren ver- 
fehlt, so wird das neue Militär, so klein und unbedeutend es auch sein mag, in 
einem anderen Geiste sich seiner Bestimmung nähern und mit den Bürgern des 
Staates in ein näheres und innigeres Bündnis treten 
2. Quelle: Aus den Berichten der Militärreorganisations-Kommission 
an den König Friedrich Wilhelm III. 1807. 
Fundort: G. H. Klippel a. a. O. Bd. 3. S. 310. 
Punkt 5 der königlichen Vorlage 1) lautete: „Würde mit dem Eintritt der Un- 
adligen nicht eine Abänderung zu treffen sein und solche mehr zugelassen werden 
müssen?“" Dazu bemerkt die Kommission: 
Einen Anspruch auf Offizierstellen können im Frieden nur Kenntnisse und 
Bildung gewähren, im Kriege ausgezeichnete Tapferkeit, Tätigkeit und überblick. 
Aus der ganzen Nation müssen daher alle Individuen, die diese Eigenschaft be- 
sitzen, auf die höchsten militärischen Ehrenstellen Anspruch machen können. Indem 
man bisher einem einzigen Stande diese Vorrechte gab, gingen alle Talente und 
Kenntnisse des übrigen Teils der Nation für die Armee verloren, und dieser 
Stand sah sich gar nicht in die Notwendigkeit versetzt, sich die militärischen Talente 
zu erwerben, da seine Geburt und eine lange Lebensdauer ihn zu den höchsten 
militärischen Ehrenstellen hinaufbringen mußte. Hierin liegt der Grund, warum die 
Offiziere in ihrer Bildung gegen alle übrigen Stände so weit zurück waren. Aus 
eben diesem Grunde wurde die Armee als ein Staat im Staate angesehen, von 
den übrigen Ständen gehaßt und zum Teil verachtet, da sie doch die Vereinigung 
aller moralischen und physischen Kräfte aller Staatsbürger sein sollte. Die Ver- 
gleichung Preußens mit den sich bildenden benachbarten Staaten, die zum Teil 
aus ehemaligen Mitbürgern des preußischen Staates bestehen und die diese Fehler 
abgeschafft haben, würde die bisherigen Verhältnisse um so drückender machen, 
und schon aus diesem Grunde würde eine Abänderung notwendig sein. 
In früheren Zeiten fand im preußischen Staate das ausschließliche Recht des 
Adels zur Offizierstelle gar nicht statt; unter dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm 
bestand die Hälfte der Offiziere aus Unadligen, ebenso unter König Friedrich I. 
Das weitere Anvancement nach Anciennität verhinderte jeden Wetteifer; man be- 
durfte ja keiner Anstrengung; eine gesunde Leibeskonstitution gewährte alles, was 
man wünschte. Zur Aufrechterhaltung der Armee blieben dem Staate nur Strafen 
und willkürliche Belohnungen. Jenen ist leicht auszuweichen, diese sind schwer an- 
zuwenden und selten mit den Kräften des Staats übereinstimmend. 
Die durch Wetteifer erzeugten Talente und das gesetzliche Emporkommen des 
dadurch erzeugten Genies gingen der Armee und dem Staate gänzlich verloren. 
1) Der König hatte am 25. Juli 1807 eine Militärreorganisations-Kommission 
eingesetzt und zu deren Vorsitzenden Scharnhorst bestimmt. Vom Könige war eine 
19 Punkte umfassende Vorlage ausgearbeitet, über die die Kommission in drei Eingaben 
ihre Bemerkungen machte. Das Resultat dieser Vorarbeiten waren die neuen „Kriegs- 
artikel“ vom 3. August 1808 und das „Reglement über die Besetzung der Stellen der 
Portepee-Fähnriche und über die Wahlen zum Offizier“ vom 6. August 1808.
	        
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