Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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109. 
Napoleon hat den Krieg mit Rußland nicht gewollt. 
1812. 
Quelle: Ein Brief Napoleons an König Friedrich von Württemberg 
vom 2. April 1811. 
Fundort: A. v. Schloßberger, Politische und militärische Korrespondenz König Friedrichs von Württemberg 
mit Kaiser Napoleon I. 1805—1813. Stuttgart 1889. S. 230. 
((Naiser Alexander) ist schon weit entfernt von dem Geist von Tilsit. Alle 
Gedanken an Krieg kommen von Rußland Ew. Maj. können nicht voraus- 
setzen, daß ich den Krieg wolle. Warum sollte ich Krieg beginnen? Etwa um 
Polen wiederherzustellen? Das hätte ich nach Tilsit, nach Wien, ja gerade in 
diesem Jahre gekonnt. Ich bin ein zu guter Taktiker, um so bequeme Gelegen- 
heiten zu versäumen; ich habe es also nicht gewollt. Endlich habe ich noch den 
Krieg in Spanien und Portugal, einen Krieg, der sich über ein Land ausbreitet, 
das größer als Frankreich ist und mir Soldaten und Hilfsmittel genug in An- 
spruch nimmt. Ich kann keinen anderen Krieg wollen. Aber wenn ich nicht 
den Krieg will und vor allem, wenn ich sehr weit davon entfernt bin, der pol- 
nische Don Quixote zu sein, so habe ich wenigstens das Recht zu fordern, daß 
Rußland dem Bündnis treu bleibe; ich muß in der Lage sein, nicht zu gestatten, 
daß es, wenn es seinen Krieg mit der Türkei beendigt, was wahrscheinlich in 
diesem Sommer geschehen wird, mir sage: „Ich verlasse das System des Bünd- 
nisses (mit Frankreich) und schließe meinen Frieden mit England.“ Das 
würde von seiten des Kaisers dasselbe bedeuten wie eine Kriegs- 
erklärung an mich 
110. 
Die Grande Armée in den Schneefeldern Rußlands. 
1812. 
1. Quelle: Denkwürdigkeiten eines württembergischen Offiziers.). 
Fundort: Horst Kohl, Der Feldzug von 1812. Leipzig 1912. S. 186—196. 
Aber in welchem traurigen Zustande befand sich nun die gerettete Armee? 
Fast alle Kanonen und die eroberten Schätze Moskaus, viele Kriegskassen und fast 
alle Pferde der Armee gingen bei diesem Übergang) zugrunde. Selten sah man 
noch berittene Generale oder Oberoffiziere, noch seltener Equipagen oder Schlitten. 
Denn die meisten derselben schätzten sich noch glücklich, mit Hinterlassung ihrer 
Wagen und Reitpferde, zu Fuß über die Brücken entkommen zu sein, und be- 
saßen in der Regel nicht mehr, als was sie auf dem Leibe trugen. 
Nur die Offiziere der Garden und derjenigen Truppen, die denselben am 
27. November unmittelbar folgten, solange noch einige Ordnung bei dem lber- 
gange stattfand, retteten meist ihre Effekten und Pferde, denen sie ihr weiteres, 
wenigstens schnelleres Fortkommen zu verdanken hatten. 
1) Diese Denkwürdigkeiten, 1838 im Verlage von J. F. Schreiber in Eßlingen erschienen, 
bieten eine packende, lebensvolle und tief ergreifende Schilderung von dem entsetzlichen 
Elend, das dieser Krieg über seine Teilnehmer brachte. Nach einer handschriftlichen Be- 
merkung in einem der Kgl. öffentlichen Bibliothek zu Stuttgart gehörigen Exemplar ist der 
Verfasser Hauptmann von Kurz. 
2) über die Beresina.
	        
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