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daß wir der großen Sache würdig grün bleiben und frisch; laßt uns be—
denken, wieviel glücklicher es ist, das Leben zum Opfer darbringen in dem
edlen Kampf gegen diese zerstörenden Gewalten, als im ohnmächtigen
Kampf ärztlicher Kunst gegen die unerkannte Gewalt der Natur. Und die liebende
Sorge, die wir alle gern, wenn wir könnten, den Unsrigen reichen würden
in Krankheiten und Verwundungen, laßt sie uns ganz gemeinschaftlich machen, wie
die Sache gemeinsam ist; laßt uns sorgen und dienen, wo wir können, des
festen Vertrauens, daß es ebenso den Unsrigen an zärtlicher Pflege und Be—
handlung von ähnlich Gesinnten nicht fehlen wird! Vor allem aber laßt uns
sorgen, daß die wohlverdiente Ehre derer nicht untergehe, die sich diesem heiligen
Kampfe weihen. Die Not und Entwürdigung der vergangenen Jahre und das
herrliche geistige Erstehen des Vaterlandes in diesen Tagen laßt uns, wie wir
selbst ganz davon ergriffen sind, auch den Gemütern des unter uns aufwachsenden
Geschlechts auf das tiefste einprägen, daß dieser ewig denkwürdigen Zeit auch
wirklich gedacht werde, wie sie es verdient, und jeder Nachkomme, den er trifft,
mit würdigem Stolz sagen möge, da kämpfte oder da fiel auch einer von den
Meinigen . . . . .
126.
Scharnhorsts Tod.
28. Juni 1813.
Quelle: Nachruf in der Haude-Spenerschen Zeitung am 13. Juli er-
schienen, von Gneisenau verfaßt.
Fundort: G. H. Pertz, Das Leben des Feldmarschalls Grafen Neithardt v. Gneisenau. Berlin 1864—69.
d. 3. S. 32.
Am 28. Juni starb zu Prag an den Folgen seiner in der Schlacht bei Groß-
görschen erhaltenen Wunde der Königl. Preußische Generalleutnant von Scharnhorst.
Er war einer der ausgezeichnetsten Männer der Zeit. Das rastlose, stetige,
planvolle Wirken nach einem Ziel, die Klarheit und Festigkeit des Verstandes, die
umfassende Größe der Ansichten, die Freiheit von Vorurteilen des Herkommens,
die stolze Gleichgültigkeit gegen äußerliche Auszeichnungen, der Mut, in den un-
scheinbarsten Verhältnissen mit den schlichtesten Mitteln durch die bloße Stärke
des Geistes den größten Zwecken nachzustreben; jugendlicher Unternelmungsgeist,
die höchste Besonnenheit, Mut und Ausdauer in der Gefahr, endlich die um-
fassendste Kenntnis des Kriegswesens machen ihn zu einem der merkwürdigsten
Staatsmänner und Soldaten, auf welche Deutschland je stolz sein durfte.
Billig und gerecht im Urteil, sanft und ruhig in allen Verhältnissen mit
anderen, freundlich, herzlich im ganzen Lebensumgange, zart und edel in der
Empfindungsweise, war er einer der liebenswürdigsten Menschen, die den Kreis
des geselligen Lebens zieren.
Was er dem Staate gewesen ist und dem Volke und der ganzen deutschen
Nation, mögen wenige oder viele erkennen; aber es wäre unwürdig, wenn einer
davon gleichgültig bliebe bei dem traurigen Todesfall.
Es müßte keine Wahrheit und keine Tiefe mehr in der menschlichen Natur
sein, wenn dieser Mann je von denen vergessen werden könnte, die ihm nahe
standen, ihn verehrt und geliebt haben.