Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

— 78 — 
Mit Triumph wurde ich in die Gesellschaft der Kameraden geführt, wo mir 
ein lautes „Es lebe der König“ entgegenschallte. Mit Speise und Trank überladen, 
schlief ich die erste Nacht wohlgemut ein. Nachdem aber gab es nur Kommiß- 
brot und frisches Quellwasser. Ich wurde angeworben und in das Regiment von 
Bork in Wesel abgeliefert, da ich aber noch nicht Maß hielt, so wurde ich als 
Tambour angestellt. Dadurch entging ich manchen Prügeln, dem lästigen Schild- 
wachenstehen und anderem Ungemach. Da ich meinen Dienst pünktlich versah, 
hatte ich die Liebe meiner Vorgesetzten und die Achtung meiner Kameraden. Da 
ich die harte Lebensart bei den Jesuiten gewohnt worden, so fiel sie mir hier 
auch nicht schwper 
Unser Regiment bestand aus schönen großen Leuten, und wenn ich in neueren 
Zeiten oft gehört habe, daß man die schöne Haltung der Preußen bewundert, so 
war es damals noch weit besser damit. Vor den 3 schlesischen Kriegen wurde 
ganz anders marschiert und manövrirt, als nachher, das verlor sich alles, so wie 
die schönen Leute im Kriege; denn da wurde nicht so darauf gesehen. Unsere 
Hauptstärke bestand im Gleichtritt und im Minutenfeuer. Die Bataillone machten 
ihre Bewegungen wie ein einzelner Mensch; und ein Bataillon-Feuer und ein 
Schuß, das war eins; aber da gab es auch Prügel genug, ehe wir es bis dahin 
gebracht hattern 
Man hat viel von der harten Behandlung der Soldaten vor dem vsjährigen 
Kriege gesprochen. Wahr ist es, daß es unter Friedrich Wilhelm I. scharf herging, 
das geschah aber nicht bloß im Militär, sondern in allen Ständen. Der hochselige 
Herr regierte mit Furcht und Schrecken, schlug auch oft selbst mit dem Stock 
darein. Sein Feldherr, der alte Dessauer, fackelte auch nicht, wenn es nicht nach 
ordre ging. Die militärischen Handgriffe und Manövers waren aber damals 
leicht auszuführen, und wenn daher jemand nachlässig war, so wurde er mit 
Strenge angehalten; da ging denn alles nach dem Schnürchen, und so war es 
recht und gut. Gerechtigkeit wurde aber auch gehandhabt; ich hätte keinem Offizier 
raten wollen, einen anderen Weg zu betreten, er würde übel angekommen sein. 
Dazu kam noch eine große Ehrliebe, selbst in dem gemeinen Soldaten, welche der 
alte König dadurch hervorgebracht hatte, daß er die Soldaten allen anderen 
Ständen vorzog. Damals dachte kein Gemeiner daran, Ofsfizier werden zu wollen, 
er wußte, daß diese Stellen dem Adel gehörten, die Stockprügel, welche er erhielt, 
waren ihm nicht so entehrend, denn er hatte sich schon als Bauer daran gewöhnt. 
Von dem Geiste, der die durch Friedrich Wilhelm I. vorbereitete Armee beseelte, 
mit der Friedrich der Große seine ersten Schlachten schlug, erzählt Dreyer: 
Wir Alten gingen mit einem: Ein' feste Burg ist unser Gott usw. in die 
Schlacht und endigten sie mit einem: Nun danket alle Gott. Wir schlugen den 
Feind aus Pflicht und Gehorsam gegen unsere Obrigkeit und den Kön.g. 
B. Verwaltung und Beamtentum. 
1. Quelle: Stimmungsbericht aus einer geschriebenen Zeitung vom 
18. April 1713. 
Fundort: Acta Borussica. Die Behördenorganisation und die algem#ine Staatsverwaltung Preußens im 
18. Jahrh. Berlin 1896—1904. Bd. Nr. 107 
Sonst ist hier in Berlin des Lamentierens und Klagens kein Ende. Die- 
jenigen, so hinlänglich Besoldung gehabt, aber bei ihren Bedienungen keine
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.