Hinter den Kulissen. 179
Einzelne russische Stimmen betrachten es als
selbstverständliches Recht und als die Aufgabe Ruß-
lands, in dem Konflikte zwischen ÖOsterreich-Ungarn
und Serbien aktio für Serbien Partei zu ergreifen.
Für die aus einem solchen Schritte Rußlands resul-
tierende europädische Konflagration glaubt die „Nowoje
Wremja“ sogar Deutschland verantwortlich machen zu
dürfen, sofern es nicht Osterreich- Ungarn zum Nach-
geben veranlaßt. Oie russische Presse stellt hiermit die
Verhältnisse auf den Kopf. Aicht Österreich-Ungarn
hat den Konflikt mit Serbien bervorgerufen, sondern
Serbien ist es gewesen, das durch eine skrupellose Be-
günstigung großserbischer Aspirationen auch in Teilen
der österreichisch-ungarischen Monarchie diese selbst in
ihrer Existenz gefährdet und Zustände geschaffen hat,
die schließlich in der frevelhaften Tat von Serajewo
ihren Auedruck gefunden haben. Wenn Rußland in
diesem Konflikte für Serbien eintreten zu müssen
glaubt, so ist das an sich gewiß ein gutes Recht. Es
muß sich aber darüber kr sein, daß es damit die ser-
bischen Bestrebungen auf Unterhöhlung der Eristenz-
bedingungen der österreichisch-ungarischen Monarchie
zu den seinigen macht, und daß es allein die Verant-
wortung dafür trägt, wenn aus dem österreichisch-
serbischen Handel, den alle übrigen Großmächte zu loka-
lisieren wünschen, ein europäischer Krieg entsteht. Oiese
Verantwortung Rußlands liegt klar zutage und wiegt
um so schwerer, als Graf Berchtold Rußland offiziell
erklärt hat, es beabsichtige weder serbische Gebieteteile
zu erwerben noch den Bestand des serbischen König-
reichs anzutasten, sondern wolle lediglich Ruhe vor den
seine Existenz gefährdenden serbischen Umtrieben haben.
Die Haltung der Kaiserlichen Regierung in dieser
Frage ist deutlich vorgezeichnet. Die von den Pan-