Hinter den Kulissen. 215
früh, er habe gestern dem deutschen Botschafter erklärt:
obgleich Deutschland dafür bürgen wolle, daß die
serbische Integrität von Österreich respektiert werde,
so werde trotzdem Serbien OÖsterreichs Basall werden,
und das werde in Rußland eine Revolution hervor-
rufen. Außerdem sei er genau davon unterrichtet,
daß Deutschland militärische und Marinevorbereitungen
gegen Rußland treffe, vor allem in Richtung auf den
Finnischen Meerbusen.
Oer deutsche Botschafter hatte um 2 Uhr eine
zweite Aussprache mit Ssasonow. Letzterer, von
Pourtales um eine Anregung gebeten, die er als „letzte
Hoffnung“ nach Berlin telegraphieren könne, händigte
ihm in französischer Sprache folgende Formel ein:
„Wenn Osterreich in Erkenntnis dessen, daß sein
Konflikt mit Serbien den Charakter einer europäischen
Frage angenommen hat, sich selbst bereit er-
Uärt, aus seinem Ultimatum die Punkte zu streich en,
die den Grundsatz der Souveränität Serbiens ver-
letzen, dann verpflichtet sich Rußland, alle mili-
tärischen Vorbereitungen einzustellen.“
Wird dieser Vorschlag von Österreich abgelehnt,
dann werden die Vorbereitungen auf eine allgemeine
Mobilisierung folgen, und ein europäischer Krieg ist
dann unvermeidlich. Zedenfalls läßt sich, wenn
Osterreich keine Konzession macht, Rußland nicht
mehr halten.
Br. Wb. 98: Goschen an Grey.
Berlin, 30. Juli. Tel.) Staatssekretär von
Jagow hat sofort auf Lichnowskys letztes Telegramm
bin in Wien anfragen lassen, ob es geneigt sei, eine
Bermittlung anzunehmen, nachdem es von Belgrad
oder einem andern zu besetzenden Punkt aus