256 Hinter den Kuliffen.
können, daß für den Fall, daß Frankreich
neutral bliebe, in einem deutsch-russischen Kriege wir
die Franzosen nicht angriffen. Ich erklärte ihm,
ich glaubte die Verantwortung bierfür übernehmen
zu können. gez. Lichnow'#kp.
Über dies Telephonat hat sich unmittelbar nach
der offiziellen Meldung (unterm 20. August in der
„Nordd. Allgem. Zeitg.“) eine sehr lebbafte Erörterung
entwickelt. Damals stellte sich der äußere Hergang
etwa so dar:
Sir Edward Grey, der in den Tagen bis zum
Julischluß immer neue, aber nicht immer sehr prak-
tische Zdeen vorbrachte, sandte am Vormittage des
1. August zu dem Fürsten Lichnowsky einen Ver-
trauensmann. Er bat den deutschen Botschafter durch
diese Persönlichkeit, am Nachmittage zu ihm zu kom-
men, und ließ ihm sagen, daß er boffe, ihm Vorschläge
machen zu können, welche die Möglichkeit böten, einer
Beteiligung Englands am Kriege vorzubeugen. Es
entwickelte sich anscheinend im Anschluß hieran eine
längere Unterredung, und dann folgte das Telephon-
gespräch. Fürst Lichnowsky berichtete sofort über den
gesamten Vorgang nach Berlin und begab sich am
Nachmittage zu Sir Edward Grey. Oer englische
Minister erklärte dem Botschafter nunmehr, er lege
das Hauptgewicht auf die belgische Reutralität, und
erörterte dann den Gedanken, ob nicht das deutsche
und das französische Heer sich bewaffneh gegenüberstehen
könnten, ohne einander anzugreifen. Auf die Frage
des Botschafters, ob er die Zurückhaltung Frank-
reichs gewährleisten könnte, wurde von Sir Edward
Grey keine genügende Auskunft erteilt. Der ganze
Plan wurde dann von britischer Seite als unausführ-