48 Die innere Entwicklungsgeschichte des Oreiverbandes.
„Entente permanente“ sein möge, und der „Temps“
hatte dieser deutlichen Anspielung sekundiert, indem
er mit seltener Sehergabe am 26. Mai schrieb: „Der
Beistand der französischen Armee in einem europä-
ischen Kriege, worein Großbritannien verwickelt
würde, hat für die britische Regierung einen unschätz-
baren Wert“ (notabene: die Trinksprüche hatten von
der Aufrechterhaltung des Friedens gesprochen).
„Hat der Beistand Großbritanniens in einem europä-
ischen Kriege, worein Frankreich verwickelt würde, für
letzteres einen gleichen Wert7 Diese Frage, die ernsteste,
die sich ein französischer Staatsmann stellen kann, muß
mit aller Aufrichtigkeit beantwortet werden. IZn der
gegenwärtigen Lage ist eine diplomatische Unter-
stützung Englands für Frankreich vor einem Krieg
außerordentlich nützlich; aber sobald der Krieg einmal
begonnen wäre, würde diese Unterstützung nur wenig
helfen. Die Seesiege Großbritanniens würden
von der Grenze keine einzige Kanone, keinen
einzigen Mann fernhalten. England würde
Frankreich in keinem Maße die Oienste leisten, die
gegenwärtig die russische Armee allein Frankreich leisten
kam. Mit einem Wort: ein französisch-britisches
Bündnis hätte für Frankreich in militärischer Hinsicht
nur äußerst geringfügigen Autzen. Es wäre indes
ganz anders, wenn das englische Heer nicht nur in
seiner Organisation, sondern auch in seiner Rekru-
tierung gründlich umgestaltet und eines tatkräftigen
Krieges auf dem Festlande fähig wäre, d. h. wenn es
in der Lage wäre, zu landen, auf eine (gewisse) Macht
eine Ablenkung auszuüben und so die Macht des An-
pralls zu vermindern, den die französische Armee aus-
zuhalten hätte. Mit einem Worte: wenn England für
Frankreich ein zweites Rußland würde.“