52 OHie innere Entwicklungegeschichte des Oreiverbandes.
hatte gleichzeitig mit der Unabhängigkeitserklärung
Bulgariens die österreichisch-ungarische Monarchie die
seit 1878 vertragsmäßig besetzten und verwalteten
Länder Bosnien und Herzegowina sich förmlich ein-
verleibt. Dieser eine dreißigjährige, uneigennützige
Arbeit notwendigerweise abschließende Schritt beschwor
eine europäische Krisis von ungeahnter Tragweite
herauf. Aber die Entschlossenheit, womit ODeutschland
den Sekundantendienst von Algeciras vergalt, indem
es sich gegenüber der auf Rußlands Hilfe pochenden
serbischen Kriegerüstung bundestreu auf Osterreich-
Ungarns Seite stellte und ihm unterm 206. Februar
1909 zu einer vorteilbaften Einigung mit der Türkei
verhalf, schüchterte Rußland dermaßen ein, daß es am
28. Februar Serbien im Stiche ließ, am 2. März ihm
den „freundschaftlichen Rat“ erteilte, seine Kompen-
sationeforderungen aufzugeben, und seinerseits am
25. März die Einverleibung Bosniens auedrücklich
anerkannte. Aber wenn auch durch die Betätigung der
„Nibelungentreue“ das Ränkespiel Zswolskie entlarvt
und für den Augenblick erledigt war — dauernd war
der Frieden Europas damit nicht gesichert. Russische
Mühlen mahlen langfam. Und die diplomatische
Niederlage, die sich der Dreiverband verdientermaßen
zugezogen hatte, indem er das ränkesüchtige und mit
skrupelloser Unverfrorenheit auftretende Serbien in
seiner lärmenden Anmaßung und lächerlichen Groß--
machtsucht monatelang rückhaltlos unterstützt hatte,
wurde nicht gleich verschmerzt, wenn auch äußerlich
Einsicht gebeuchelt wurde.
Man empfand es allenthalben: es war eine „Ruhe
vor dem Sturme“. DOiesem Gefühle gab namentlich
Earl Rosebery am 5. Juli 1909 auf dem Bankett der
großen kolonialen Dressekonferenz des britischen Reiches,