Die innere Entwicklungsgeschichte des Oreiverbandes. 63
eine Schlacht riskieren wollen. Es würde ihr ermög-
lichen, an Ressourcen aller Art reiche Provinzen zu
besetzen, auf alle Fälle aber unsere Mobilmachung zu
behindern oder sie nur zuzulassen, nachdem wir uns
formell verpflichtet hätten, die Mobilmachung nur zum
Vorteil Englands und seines Bundesgenossen durch-
zuführen. Es ist dringend geboten, im voraus einen
Schlachtenplan für die belgische Armee auch für diese
Möglichkeit aufzustellen. Das gebietet sowohl das
Interesse an unserer militärischen Verteidigung als
auch die Führung unserer auswärtigen Politik im
FJall eines Krieges zwischen Deutschland und Frank-
reich.“
Diese Ausführungen von vorurteilsfreier Seite
stellen in überzeugender Weise die Tatsache fest, daß
dasselbe England, das sich jetzt als Schirmherr der
belgischen AReutralität gebärdet, Belgien zu einer ein-
seitigen Parteinahme zugunsten der Ententemächte
bestimmt und daß es zu einem Zeitpunkte sogar an
eine Berletzung der Holländischen Neutralität gedacht
hat. ODes weiteren erhellt daraus, daß die belgische
Regierung, indem sie den englischen Einflüsterungen
Gehör schenkte, sich eine schwere Verletzung der ihr als
neutraler Macht obliegenden Pflichten hat zuschulden
kommen lassen. Oie Erfüllung dieser Pflichten hätte
es erheischt, daß die belgische Regierung in ihren Ver-
teidigungsplänen auch die Verletzung der belgischen
Neutralität durch Frankreich vorgesehen und daß sie
für diesen Fall analoge Vereinbarungen mit Oeutsch-
land getroffen hätte wie mit Frankreich und England.
Die aufgefundenen Schriftstücke bilden einen dokumen-
tarischen Beweis für die den maßgebenden deutschen
Stellen lange vor Kriegsausbruch bekannte Tatsache
der belgischen Konnivenz mit den Ententemächten.
Selmolt, Der Weltkrieg. 5