Einleitung.
Um die Frage nach der Stellung des Kaisers zur
Reichsgesetzgebung erschöpfend zu behandeln, erscheint
es zweckmässig, sich vorerst. kurz den nach der Reichs-
verfassung vorgeschriebenen Werdegang eines (Gesetzes
zu vergegenwärtigen, um sodann jede Phase, die das
werdende Gesetz durchzumachen hat, daraufhin zu unter-
suchen, ob, beziehungsweise wie weit der Kaiser dabei
eine Rolle zu spielen berechtigt oder verpflichtet, oder
vielleicht auch berechtigt und verpflichtet ist.
Die Vorschriften über den Werdegang eines Reichs-
gesetzes sind enthalten in den Artikeln 2, 5, 7, 16, 17,
23 der Reichsverfassung und in den $$ 69 und 8 der
revidierten Geschäftsordnung für den Reichstag bezw. den
Bundesrat. Danach ist der Urgrund des Gesetzes der
Gesetzesvorschlag, der entweder im Bundesrate oder im
Reichstage gemacht wird. Auf ihn folgt die Beratung
innerhalb der betreffenden Versammlung, sodann die
Weitergabe des — verändert oder unverändert — ange-
nommenen Vorschlages, des Beschlusses, an den Reichstag
beziehungsweise den Bundesrat. Wird dieser Beschluss
der einen Versammlung von der anderen unverändert
gebilligt, so wird er — auf Beschluss des Bundesrates —
dem Kaiser unterbreitet, der schliesslich die Ausfertigung
und Verkündigung des Gesetzes vornimmt.
Der Gesetzesvorschlag.
Das erste Stadium des Gesetzes, wenn ich mich kurz
so ausdrücken darf, ist also der Gesetzesvorschlag. Wer
kann nun nach der Reichsverfassung einen solchen machen,
insbesondere hat der Kaiser das Recht der Initiative?