Erster Teil. Gerichtsverfassung. 89. 13
9. Die zum Dienste einberufenen Personen des Be-
urlaubtenstandes und die denselben gesetzlich gleichstehen-
den Personen 1) treten wegen der Zuwiderhandlungen,
die sie vor dem Tage, zu welchem sie einberufen sind,
gegen die allgemeinen Strafgesetze begangen haben, nicht
unter die Militärstrafgerichtsbarkeit. Während der Dauer
der Dienstleistung darf jedoch ohne Zustimmung 2) der
Militärbehörden die Untersuchungshaft nicht verfügt, auch
eine Hauptverhandlung nur abgehalten werden, wenn
der Angeklagte von der Verpflichtung, in derselben zu
erscheinen, entbunden ist. 3)
Wegen einer während der Dienstleistung begangenen
strafbaren Handlung können die im Absatz 1 bezeichneten
Personen den bürgerlichen Gerichten übergeben werden,
sofern lediglich eine Zuwiderhandlung gegen die allge-
meinen Strafgesetze in Frage steht.“)
1) Vgl. § 5 A. 1, 2.
2) Es ist selbstverständlich, daß mit der Erteilung der Zu-
stimmung zur Verhängung der Untersuchungshaft die Ent-
lassung aus dem aktiven Dienste einzutreten 8 Vgl. Begr.
S. 71 und Ausf.-Best. Zuständig hierfür ist der Gerichtsherr
der höheren Gerichtsbarkeit. Vgl. unten Ausf.-Best.
3) Für die Dauer einer hiernach erforderlich werdenden
Aussetzung des Verfahrens ruht die Verjährung der Strafver-
folgung. Vgl. Ges. v. 26. März 1893. RMMBl. S. 133.
Die Hauptverhandlung muß seitens des Zivilgerichts von
Amts wegen ausgesetzt werden, sobald es von der Einberufung
des Angeklagten zum Dienst Kenntnis erhält. Die Vorschrift
ist zwingend. Die Militärbehörde kann weder ausdrücklich
noch stillschweigend auf ihre Innehaltung verzichten. A.
Meyer, Deutsche Juristen-Zeitung 1902 S. 479.
4) Die Straftaten, welche Personen des Beurlaubtenstandes
an dem Tage, zu dem sie einberufen sind, oder am Tage ihrer
Wiederentlassung begehen, gelten als „während der Dienstzeit"
verübt. Vgl. Koppmann, § 9 A. 12.
Bei Konkurrenz mit einer gerichtlich zu ahndenden mili-
Lerischen Straftat ist lediglich die Militärstrafgerichtsbarkeit
zuständig.
AussBest. H. u. M. Die in den Fällen des §9 Abst. 1