Full text: Sozialdemokratie, Christentum, Materialismus und der Krieg.

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hältnis von Ursache und Wirkung oder von Grund und Folge stehen 
und zwar sowohl die körperlichen als auch die geistigen. Der Dualis- 
mus, der immer Idealismus ist, nimmt nun an, daß das Geistige vom 
Körperlichen nicht nur unabhängig, sondern letzterem auch übergeordnet 
ist und mit ihm als Ganzes in einer uns unergründlichen Weise in 
Wechselwirkung steht. D. h. mit anderen Worten: Der Körper dient 
dem Geistigen, der Seele, gewissermaßen als zeitliches Organ. Für 
den Idealismus besteht also das Problematische darin, daß er den Zu- 
sammenhang zwischen Seele und Körper nicht ergründen kann, da er 
auf das Dasein einer Seele nur aus dem Dasein des Geistigen in uns 
schließt. Er schließt gewissermaßen von einer seelischen Wirkung auf 
eine seelische Ursache, ohne deren Natur und Wesen je ergründen zu 
können. Dieses Nicht-ergründen-können hat im Lauf der Zeit die 
verschiedenen Ansichten über die Natur der Seele und ihre Außerung 
hervorgebracht, von denen im folgenden noch ausführlich die Rede 
sein wird. 
Da also das voneinander unabhängige körperliche und seelische 
Ursachsverhältnis das Wesen des Dualismus und Idealismus ausdrückt, 
so ist alles, was diese Unterscheidung der Ursachsverhältnisse oder Kau- 
salitäten nicht annimmt, kein Dualismus. Da es ein drittes nicht 
gibt, so kann es nur Monismus sein. Nach dem Monismus muß also 
das Geistige restlos eine Außerung des Materiellen sein, in diesem 
Sinne ist Monismus auch gleichbedeutend mit Materialismus. Die 
meisten Materialisten, Monisten und auch die Sozialdemokratie nehmen 
hierbei an, daß das Geistige in der körperlichen Organisation eine zu- 
fällige Begleiterscheinung des Materiellen ist. In diesem Sinne gibt 
es für den Materialismus nur ein körperliches Ursachsverhältnis, das 
sowohl eine Zweckbestimmung des Menschen als auch einen Gott aus- 
schließt, oder letzteren wenigstens als überflüssig in der Welt anfieht. 
Da es aber auch für den Materialismus im Menschen etwas Geistiges 
gibt, so muß es auch für ihn einen Zusammenhang zwischen körperlicher 
Ursache und geistiger Wirkung geben; d. h. es muß einen Übergang von 
körperlicher Bewegung in Vorstellen und Denken geben und dieses ist das 
Problematische des Materialismus, das genau gesehen mit demjenigen 
des Idealismus identisch ist und nur anders formuliert ist. Auch der 
Materialismus hat dieses Problematische bisher nicht befriedigend er- 
gründen können und infolgedessen auch seinerseits verschiedene Ansichten 
und Systeme hervorgebracht. - 
Vom Standpunkt des Materialismus kann dieses aber auch so 
erklärt werden, daß das Körperliche der Inhalt und das Geistige die 
Form aller Dinge ist. Und wenn auch beides zusammengehört und 
das eine ohne das andere nicht denkbar ist, so ist doch nach dieser An-