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Die Umwandlung der kapitalistischen Produktionsform in die
zukünftige mit dem gesellschaftlichen Eigentum der Produktionsmittel
ist aber von vornherein nur denkbar bei international gleichmäßigem
Vorgehen der Hauptkulturstaaten, denn isoliert kann ein einzelnes Volk
einen solchen Zustand weder gründen noch aufrecht erhalten, da unsere
ganze Entwicklung das Produkt nationaler und internationaler Kräfte
und Beziehungen ist.
Die internationalen Handels-, Zoll-, Schiffahrts-, Post= und
Eisenbahntransport-Verträge, die internationalen Wirtschaftskonventio-
nen, das Völkerrecht, Ausstellungen, Kongresse und die Internatio-
nalität der Wissenschaft haben schon gezeigt, daß die Entwicklung
schließlich zu einer Weltwirtschaft führen muß.
Durch die internationale Freizügigkeit des Menschen, durch Aus-
tausch der Erfindungen und Verbesserungen im Produktionsprozeß
werden sich die verschiedenen Länder in ihren sozialen Zuständen immer
ähnlicher. Dazu kommt, daß bei gleichen sozialen Grundlagen auch
die politischen Wirkungen daraus gleich sein müssen. D. h. in allen
Ländern ist der Gegensatz von arm und reich, von Kapitalist und Lohn-
arbeiter der gleiche, infolgedessen wird überall der Arbeiter nicht nur
ausgebeutet, sondern auch von der den Besitz habenden politischen Min-
derheit beherrscht und regiert.
Durch das Aufbauen einer Weltwirtschaft auf internationaler
Basis werden sich die Völker verbrüdern; sie werden sich zu einem großen
Bund vereinigen, in dem von Krieg und seinen kostspieligen Vorbe-
reitungen keine Rede mehr ist, sondern in dem der ewige Frieden, nach
dem sich die Menschheit jahrhundertelang gesehnt hat, endlich zur Wirk-
lichkeit geworden ist.
Das Geld und die Kräfte, die heute als Vorbereitung für den
Krieg im Interesse des Friedens im überreichen Maße vergeudet wer-
den, können hernach für die Wohlfahrt und Kultur des Landes dienstbar
gemacht werden und an ihrem Teil noch dazu beitragen, daß das Dasein
aller Menschen auf Erden nichts mehr zu wünschen übrig läßt, so daß
für alle ein vollkommener Zustand erreicht ist. 6
Dieses der Inhalt der sozialdemokratischen Lehren und Folge-
rungen nach Marx, Engels und ihren Epigonen.
Es ist gar nicht zu verkennen, daß diese Lehren für die arbeitenden
Klassen, die bei einer wirtschaftlichen Umwälzung nichts zu verlieren
haben, als eine Art Evangelium gelten können. Letztere für die Lehren
zu gewinnen, ist denn auch alles übertrieben und einseitig dargestellt,
was für sie bei der gegenwärtigen Wirtschaftsform als nachteilig
gelten kann.