Full text: Sozialdemokratie, Christentum, Materialismus und der Krieg.

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Weise der Politik des Vaterlandes dienstbar zu machen. Und in dieser 
Beziehung sind wir Deutschen nicht nur den Russen sondern auch den 
Engländern und Franzosen bedeutend überlegen, wie der letzte Krieg 
unzweifelhaft festgestellt hat. Diese Überlegenheit beruht aber nicht 
allein auf einem Mehrwissen unserer Führer, sondern eben so viel auf 
der besseren Veranlagung und der entsprechend besseren Erziehung 
unserer Mannschaften und zwar sowohl im Wissen als auch in körper- 
lichen Fähigkeiten und in der Disziplin. Die Gründlichkeit des Deut- 
schen nimmt jede Sache ernst und so auch die Unterordnung im Dienste 
des Ganzen. Da ihm ferner seine geistige Veranlagung, eine ent- 
sprechende Schulbildung, eine ruhige Überlegung und ein fester Wille 
mit der notwendigen Ausdauer und den körperlichen Fähigkeiten eine 
Selbständigkeit verleiht, die im Rahmen der Möglichkeit jeder Aufgabe 
gewachsen ist, so konnte er den ihm aufgezwungenen Verteidigungskrieg 
gegen die von England aufgebotenen Massen der ganzen Welt nicht 
nur erfolgreich durchhalten, sondern den Spieß umdrehen und seiner- 
seits einen Eroberungskrieg daraus machen. 
Wenn uns nun auch der preußische Militarismus für die Zukunft 
die tröstliche Gewißheit und Beruhigung gibt, daß wir den Ausdeh-- 
nungsgelüsten des Panslavismus, der früher oder später die durch die 
Revolution und durch den Krieg separierten Russen, Ukrainer, Ruthe- 
nen, Polen und Tschechen in irgend einer Form doch wieder vereinigt, 
gewachsen sind, so können wir uns doch auf die Dauer nicht durch geistige 
Überlegenheit allein schützen, sondern nur dadurch, daß wir unsere er- 
höhte Produktionskraft wesentlich dazu benutzen, daß wir uns ihr 
entsprechend stärker vermehren. Denn solange ein friedlicher Ausgleich 
in der Entwicklung zwischen den Rassen und Nationen noch ausge- 
schlossen ist — und er ist noch recht lange ausgeschlossen — solange wird 
die Rasse oder Nation am Ende Sieger bleiben, die als Ganzes das 
größte Produkt aus Masse, Fähigkeiten und Willen bildet. 
In den letzten Krieg hat Rußland die herrschende Kaste geführt, 
die mit dem Zar an der Spitze im Interesse der Selbsterhaltung unter 
dem Aushängeschild des Panflavismus Eroberungspolitik treiben 
mußte, denn bei einer inneren Umgestaltung mußte der Zar den Ab- 
solutismus und damit die Macht der herrschenden Kaste preisgeben, 
was letztere nach Möglichkeit zu verhindern suchte. 
Daß in dem für die Russen unglücklichen Ausgang des Krieges 
eine geringe Bewegung schon imstande war, den Zar mit samt seinem 
Klüngel zu beseitigen, zeigt, wie wenig tief diese Institution im russi- 
schen Volkstum gewurzelt hat. Welchen Ausgang nun die Revolution 
in Rußland auch schließlich nimmt, zu einem Absolutismus wird es