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sieht. Beide haben augenblicklich im Deutschen nur das größere übel
gesehen, nach dessen Beseitigung sie miteinander schon spielend fertig
zu werden glaubten. Immerhin hat England die Genugtuung, in
diesem Kriege wenigstens einen Feind gründlich besiegt zu sehen und
zwar den für die Zukunft am gefährlichsten, nämlich den Russen.
Wir kommen nun zu der Frage ob die letzten Ursachen für den
großen Krieg in England materialistischer oder idealistischer Natur ge-
wesen sind, d. h. mit anderen Worten, ob sie philosophischer oder volks-
wirtschaftlicher Natur gewesen sind. Hier ist sicher, daß die Ursachen
aus der Entwicklung und den gegenwärtigen Verhältnissen der kapitali-
stischen Wirtschaftsform hervorgegangen sind. Sie sind aber nicht her-
vorgegangen aus der kapitalistischen Wirtschaftsform an sich, sondern
sie sind hervorgegangen aus der nationalen Begrenzung der kapitalisti-
schen Wirtschaftsform in England und seinen Kolonien und zwar auch
nicht deshalb, um das Gebiet über diese Grenzen hinaus zu erweitern;
das ist selbstverständlich nicht notwendig, da der Kapitalismus inter-
national ist, sondern um die Wirtschaftsform zu anglisieren und um
die englische Kultur zu sichern. Sie sind hervorgegangen aus einem
Nationalgefühl des Hasses, des Neides und der Angst ihren germanischen
Vettern gegenüber, die ihre Kultur, die sie für die höhere ansehen, be-
einträchtigen und schließlich vernichten könnten.
Solange Deutschland am Wegrande der Kolonialpolitik zusehen
mußte, wie von anderen Nationen Siedelungsgebiet für die Erweite-
rung ihrer Kultur aufgeteilt wurde, wobei es für andere mit erobern
und mit kolonisieren durfte, solange durfte es sich der Sympathie und
des Wohlwollens seiner englischen Vettern uneingeschränkt erfreuen.
Dieses änderte sich aber, als Deutschland in den letzten Jahrzehnten
einig und stark wurde, und als die deutsche Flotte an die Größe der
englischen immer mehr und mehr heranreichte. Und wenn England
auch von der Friedensliebe Deutschlands überzeugt war, so läßt sich
doch das unbehagliche Gefühl daerüber nicht verkennen, daß seine absolute
Freiheit mit dem Heranwachsen von Deutschlands Seemacht nach und
nach zu einer relativen werden mußte. Ein Ereignis, das für Englands
Entwicklung unter allen Umständen einen Wendepunkt bedeuten muß,
denn eine relative Freiheit ist genau genommen überhaupt keine. Diese
Wahrheit gilt aber nicht allein für England, sondern auch für Deutsch-
land. Deutschland mit einer armseligen Flotte hat in einem für seine
Existenz notwendigen Überseeverkehr und einer Kolonialpolitik nur die
Freiheit, die ihm von England gestattet wird und nur den Frieden,
den England für gut befindet, wobei man ohne weiteres annehmen
kann, daß England, nachdem es sich die Welt erobert hat, im Interesse
binse, Gegialbet#stt, hrilemum, Natertallimms und der Arieg.