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unseren überseeischen Volksgenossen dadurch zum Bewußtsein gebracht
wurde, daß ihre Anglomanie der Jetztzeit zwar eine häßliche aber
zum Glück nicht tief sitzende Krankheit ist. Auch unsere Landsleute
find jetzt gezwungen, wenn sie sich nicht der Verachtung preisgeben
wollen, ihre enge Zugehörigkeit zu ihrem Ursprungsland zu bekennen
und zu bewahren. Es kann ihnen dieses um so weniger schwer fallen.
als die Deutschen sich im letzten Kriege nicht nur in der Kraft und
deren Anwendung ihren Gegnern überlegen gezeigt haben, sondern vor
allen Dingen auch in der Moral.
Jedenfalls haben die Amerikaner angelsächsischen Blutes gezeigt.
daß sie sich politisch mit ihren Vettern Altenglands solidarisch fühlten.
Sie haben das geschäftliche Risiko des Krieges auf sich genommen und
damit bewiesen, daß auch bei ihnen Haß und Liebe noch stärker sind als
der geschäftliche Egoismus. Auch sie wollen am letzten Ende nur die
englische Kultur, die sie für die höhere halten und die ihrer geistigen
Bequemlichkeit angepaßt ist, gegen das im der Entwicklung begriffene
Deutschtum sicherstellen.
Belgien und Italien.
Das Bestreben, die eigene Kultur zu sichern, wird noch besser
illustriert durch die Nationen mit niederer Kultur, bei denen der Kul-
turinhalt überhaupt nur aus Religion, Sitten, Gebräuchen und der
Sprache besteht. Gerade diese Nationen, die durch Aufgehen in größere
mit höherer Kultur geistig und wirtschaftlich nur gewinnen können,
sträuben sich mit aller Macht dagegen, und sie haben nur das eine Ziel
im Auge, sich ihre nationale Eigenakt in unabhängiger Nation zu
sichern, worauf schließlich ihre ganze Vergrößerungssucht und alle
daraus entstehenden Zwistigkeiten und Kriege zurückzuführen sind.
Typische Beispiele hierfür find die Nationalitäten der Donau-Monarchie
und der Balkanstaaten.
Die nationale Eigenart besteht bei diesen Völkern darin, daß sie
in ihren unteren Klassen an das Leben keine großen Anforderungen
stellen; sie drängen sich deshalb auch nicht übermäßig zur Arbeit. Sie
nehmen das Leben mit einem fatalistischen Zug als das von Gott
gewollte, für das sie nach den Lehren ihrer Religion erst nach dem Tode
entschädigt werden. Die Bevölkerung dieser Länder kann deshalb auch
erst dann dem Fortschritt dienstbar gemacht werden, wenn sie durch Er-
ziehung eine Bildungsstufe erreicht, die sie an den Glaubenssätzen ihrer
Religion zweifeln läßt und sie dadurch mit ihrer wirtschaftlichen Lage
unzufrieden macht. D. h. also hier, Veränderungen in der Produktion,
vornehmlich in der Intensität derselben müssen erst Veränderungen