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g. 8.
Hebammen haben die Obliegenheit, in besondern
Fällen Anzeige zu erstatten.
Sollten ledige, besonders der Hebamme unbekannte Weibs-
Personen, deren Umstände eine Schwangerschaft vermuthen las-
sen, sich bei ihr um Rath und Hilfe melden, an denselben aber
ein verdächtiger starker Blutfluß, der wirkliche Abgang einer
unreifen Frucht oder Mola bemerkt werden; so hat die Heb-
amme denselben zwar so wie sie gelehrt worden, beizuspringen,
zugleich aber auch mit Enthaltung alles Curirens derlei Perso-
nen an den nächsten ordentlichen Arzt anzuweisen, und beson-
ders ist sie schuldig, der vorgesetzten Gerichts= oder Polizei=
stelle davon die Anzeige durch den Ortsvorsteher zu machen.
Eine ähnliche Anzeige hat jedesmal zu geschehen, wenn von me-
dizinischen Pfuschereien anderer und von Vorfällen etwas zu
ihrer Kenntniß kommt, welche ein Vergehen oder ein Verbrechen
einer Person in Bezug auf Fruchtabtreibung, verheimlichte
Schwangerschaft, Niederkunft oder gar Kindermord vermuthen
lassen. —
§. 9.
Hebammen dürfen ohne Erlaubniß in ihre Wohnung
keine Schwangeren zur Entbindung aufnehmen.
Es ist den Hebammen ausdrücklich verboten, in ihre Woh-
nung ohne besondere Erlaubniß der vorgesetzten Gerichts= oder
Polizeistelle, welche für jeden einzelnen solchen Fall zu erholen
ist, eine schwangere Person zur Niederkunft aufzunehmen.
§. 10.
Hebammen sollen Aberglauben und Vorurtheile zu
beseitigen trachten.
Von den Hebammen, als unterrichteten und mit den na-
türlichen Verhältnissen des Hergangs der Geburt 2c. bekannt
gemachten Personen, ist billig zu erwarten, daß sie Aberglau-
ben, schädliche Vorurtheile und Gebräuche 2c., welche in man-
chen Gegenden in Beziehung auf Schwangere, Kreißende, Wöch-
nerinnen und Kinder herrschen, auf geeignete Weise ohne Hef-
tigkeit und Spott, mit vernünftigen Vorstellungen und Zureden
zu beseitigen trachten, besonders aber in der Ausübung ihrer
Kunst nicht selbst dergleichen einführen, oder dazu Gelegenheit
geben werden.