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6) Noch viel weniger darf die Hebamme durch Druck des
Unterleibes, oder durch Ausdehnung und unnöthiges Wüh-
len in den Geburtstheilen und dem Mastdarme, Wehen
zu erregen suchen, und auch nicht durch das Sprengen
der Wasserblase (die dringenden Fälle, in welchen sie die-
ses gelehrt worden ist, ausgenommen) die Geburt zu be-
schleunigen trachten, indem hieraus schwere Geburten,
Zerreißungen des Mittelfleisches, Muttervorfälle, Ent-
zündungen und andere üble Folgen enkstehen.
7) Die Hebamme darf nicht zugeben, daß durch hitzige trei-
bende Mittel die Geburt befördert werde, und soll dieses
von der Gebärenden und den Umstehenden nichts desto
weniger und gegen ihren Rath geschehen; so hat sie die
Anzeige davon dem nächsten Geburtshelfer oder Arzte,
sobald dieses geschehen kann, zu machen, den Ortsvor-
steher und Ortspfarrer aber unverzüglich davon in Kennt-
niß zu setzen, und sich auf diese Weise gegen die daraus
entstehenden übeln Folgen zu verwahren.
8) Um sich über den bevorstehenden Hergang der Geburt
frühzeitig genug richtige Kenntniß zu verschaffen, hat
die Hebamme die innerliche Untersuchung vor und nach
dem Wassersprunge, und zwar jedesmal sowohl vor als
während einer Wehe vorzunehmen.
9) Die übrige Hilfe, welche die Hebamme der Kreißenden im
Verlaufe einer regelmäßigen Geburt zu leisten hat, be-
stchet in der der Gebärenden im Verhältnisse des Vor-
rückens des Kindes jedesmal am vortheilhaftesten zu ge-
benden Lage, in sanftem Zureden zur Ausdauer und Mit-
wirkung, in der gehörigen Unterstützung des Mittelflei-
sches, und in den richtigen Handgriffen bei der wirklichen
Geburt des Kindes, bei der Trennung der Nabelschnur,
und dem Abgange der Nachgeburt, so wie der Hebamme
dieses gelehrt worden ist.
S§. 3.
Hebammen dürfen Gebärende nicht verlassen.
In der Ausübung ihrer Kunst hat die Hebamme, wie schon
im 1. F. dieses Abschn. vorgeschrieben wurde, allen, die sie um
Hilfe rufen lassen, vorzugsweise aber den in ihrem Bezirke be-
findlichen Gebärenden, Reichen und Armen, Verehelichten und
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