Full text: Das Civil-Medizinal-Wesen im Königreiche Bayern. 2. Band. Die Medizinalpolizei. (2)

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zu vorläufigen Aufträgen an die Königlichen Regierungspräsidien 
und zu Abforderung ausführlicher Regierungsgutachten veranlaßt. 
Nachdem nunmehr der als möglich gedachte Fall wirklich 
eingetreten ist, und das Uebel zu Mittenwald, Landgerichts 
Werdenfels, Wurzel gefaßt hat, auch zwei sehr verdächtige Fälle 
zu Obernzell nächst Passau wahrgenommen worden sind, so 
erhalten sämmtliche Königliche Kreisregierungen, Kammern des 
Innern, und deren Medizinalausschüsse auf den Grund ihrer 
mit eben so viel Umsicht als Sachkenntniß erstatteten Berichte 
nachstehende Weisungen. 
l. 
Allgemeine Bestimmungen. 
1) Bekanntlich sind Furcht und Niedergeschlagenheit des 
Gemüthes die sichersten Verbündeten, und die gefährlichsten 
Träger der in ihrem eigentlichen Wesen noch nicht vollständig 
ergründeten, in ihren Erscheinungen aber ziemlich genau con— 
statirten Brechruhr. 
Oberster Grundsatz muß es daher sein, bei Annäherung 
sowohl, als bei wirklichem Vorhandensein dieser verderblichen 
Krankheit Alles zu vermeiden, was Beängstigung ver- 
breiten, und sonach die moralische Empfänglichkeit erzeugen oder 
befördern könnte. 
Die Königliche Kreisregierung, Kammer des Innern, in 
Verbindung mit ihrem Kreismedizinal-Ausschusse, wird sämmt- 
liche Polizei= und Sanitätsbeamte rechtzeitig hierauf aufmerk- 
sam machen, und selbe entsprechend belehren. 
2) Da ferner, abgesehen von dem beinahe einstimmigen 
Urtheile der Techniker, über die miasmatische Natur der Seuche 
gänzliche Absperrungen durch die Erfahrung als unausführbar, 
theilweise Vorkehrungen der Art aber als unnütz belästigend 
anerkannt sind, da ferner selbst bei entgegengesetzter Annahme 
Maßregeln im Sinne der Contagiosität jedenfalls durch Be- 
unruhigung mehr schaden würden, als ihre strengste und ge- 
lungenste Durchführung gegenüber eines so mächtigen Uebels 
zu nützen vermöchte, so sind Sperren und Contumazanstalten 
in dem Sinne der Anordnungen von 1831, dann Erschwerungen 
des Verkehrs durch Abforderung von Gesundheitszeugnissen 
u. s. w. durchaus zu umgehen, und die diesfallsigen früheren 
Vorschriften in keiner Weise mehr als existent zu betrachten. 
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