Full text: Das Civil-Medizinal-Wesen im Königreiche Bayern. 2. Band. Die Medizinalpolizei. (2)

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4) Die mit der Befugniß zur selbstständigen Praxis noch 
nicht bekleideten Individuen der ärztlichen Besuchsanstalt können 
nur in Fällen dringender Gefahr und auch hier nur bis zum 
Erscheinen eines Distriktsarztes oder eines approbirten Arztes 
das augenblicklich Erforderliche anordnen. Ihre Anordnungen 
müßen unbedingt nach den Weisungen des Distriktsarztes be- 
messen sein und ihren Recepten darf von den Apothekern nur 
in so ferne Folge gegeben werden, als solche ausdrücklich „ex 
ordinatione des Herrn Distriktsarztes N. N.“ verfaßt und 
unterzeichnet sind. 
XI. 
Unter prophylaktischer Behandlung ist in den Rapporten 
von Mittenwald, Altötting, so wie später in jenen der Haupt- 
und Residenzstadt, der Physikate Au und München und der 
Orte Uffenheim und Pfersee nicht die administrative Prophylaxis, 
d. h. die vorbeugende Fürsorge für das Nichterkranken der 
Gesunden durch Suppenanstalten, durch Vertheilung von Holz, 
Kleidungsstücken und Bettfournituren, durch Beseitigung von 
Erkältungsgelegenheiten, durch strenge Handhabung der Viktualien= 
polizei u. s. w., sondern lediglich die ärztliche Prophylaxis, 
d. h. die therapeutische Bekämpfung des sich an- 
nähernden Krankheitsausbruches und des ersten 
Ueberganges des ersten diarrhöischen Stadiums 
in die förmlich ausgebildete Brechruhr verstanden 
worden. Diesem Grundsatze gemäß wurden als prophylaktische 
Fälle nur jene gezählt, in welchen eine vorbeugende 
ärztliche Behandlung im wahren und vollen Sinne 
des Wortes statt fand, und der Ausdruck: Prophylaxis 
wurde nie als Gegensatz des gesunden zum kranken Zustande, 
sondern als Gegensatz des noch nicht als förmliche 
Cholera charakterisirbaren Krankheitszustandes 
zu der wirklichen vollständig ausgebildeten Cholera 
aufgegriffen. 
Demselben Grundsatze ist auch in allen übrigen Theilen 
des Reiches mit unbedingter Strenge und Gewissenhaftigkeit 
zu huldigen. Und von Erfüllung dieser Pflicht hätten sich die 
öffentlichen und praktischen Aerzte sogar dann nicht abhalten 
zu lassen, wenn die Sterbfälle zu den Genesungen in ungünstigem 
Verhältnisse stünden, da Lojalität in allen Lagen des öffentlichen 
wie des Privatlebens, namentlich aber bei allen, das Wohl der 
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