39
Ist die Ueberbringung in das zu weit entfernte Militär-
spital ohne besondere Gefahr nicht mehr möglich oder wegen
Unbedeutenheit der Krankheit nicht zweckmäßig, so ist der Ge-
richtsarzt unter gleichzeitiger Anzeige an den vorgesetzten Sta-
tions-, Brigade= oder Distriktskommandanten verbunden, die-
selben unentgeltlich zu behandeln.
Die Deserviten= und die mit den Rezepten belegten Arznei-
rechnungen, welche von Apothekern und niederärztlichen Indivi-
duen für einzelne Leistungen an die Gendarmerie-Mannschaft
erwachsen, müssen von dem Gerichtsarzt revidirt und legalisirt
werden.
Der Gerichtsarzt hat die der Venerie verdächtigen lieder-
lichen Weibspersonen auf Regquisition der Diftriktspolizei-
behörde zu untersuchen.
In Zwangsarbeitshäuser abzuliefernde Individuen
müssen zuvor von dem Gerichtsarzte sorgfältig untersucht werden,
da weit in der Schwangerschaft vorgerückte Weibspersonen und
mit langwierigen oder ansteckenden Krankheiten und schweren
Leibesgebrechen behaftete Leute von der Aufnahme in Zwangs-
arbeitshäuser ausgeschlossen sind.
Der körperlichen Züchtigung oder geschärftem
Arreste zu unterwerfende Bettler, Landstreicher 2c. müssen
vorerst durch den Gerichtsarzt untersucht werden, welcher sich
gutachtlich darüber zu äußern hat, ob und wie weit dieselben
anwendbar sind.
Vaganten, Arrestanten cc. müssen vor der Ablieferung
oder Weiterschaffung von dem Gerichtsarzte untersucht werden,
der mit der größten Gewissenhaftigkeit ein Gutachten darüber
abzugeben hat, ob ein Bedürfniß für Vorspann besteht und ob
die Reise überhaupt unter den gegebenen Umständen für sie
gefahrlos ist oder nicht. «
Auch die Eisenbahnarbeiter hat der Gerichtsarzt bei
ihrer Aufnahme einer körperlichen Untersuchung zu unterwerfen.
Der Gerichtsarzt ist ferner verpflichtet, alle im Unter—
suchungs- oder Strafarreste in dem Gerichtsbezirke
befindlichen Individuen im Erkrankungsfalle unentgeltlich ärzt-
lich zu behandeln, und wo eine chirurgische Hilfeieistung
erforderlich ist, unter seiner Leitung die nöthigen Verrichtungen
durch einen Wundarzt vornehmen zu lassen.
Er hat demnach auf erhaltene Reguisition des Gerichtes