Full text: Das Civil-Medizinal-Wesen im Königreiche Bayern. 2. Band. Die Medizinalpolizei. (2)

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Ist die Ueberbringung in das zu weit entfernte Militär- 
spital ohne besondere Gefahr nicht mehr möglich oder wegen 
Unbedeutenheit der Krankheit nicht zweckmäßig, so ist der Ge- 
richtsarzt unter gleichzeitiger Anzeige an den vorgesetzten Sta- 
tions-, Brigade= oder Distriktskommandanten verbunden, die- 
selben unentgeltlich zu behandeln. 
Die Deserviten= und die mit den Rezepten belegten Arznei- 
rechnungen, welche von Apothekern und niederärztlichen Indivi- 
duen für einzelne Leistungen an die Gendarmerie-Mannschaft 
erwachsen, müssen von dem Gerichtsarzt revidirt und legalisirt 
werden. 
Der Gerichtsarzt hat die der Venerie verdächtigen lieder- 
lichen Weibspersonen auf Regquisition der Diftriktspolizei- 
behörde zu untersuchen. 
In Zwangsarbeitshäuser abzuliefernde Individuen 
müssen zuvor von dem Gerichtsarzte sorgfältig untersucht werden, 
da weit in der Schwangerschaft vorgerückte Weibspersonen und 
mit langwierigen oder ansteckenden Krankheiten und schweren 
Leibesgebrechen behaftete Leute von der Aufnahme in Zwangs- 
arbeitshäuser ausgeschlossen sind. 
Der körperlichen Züchtigung oder geschärftem 
Arreste zu unterwerfende Bettler, Landstreicher 2c. müssen 
vorerst durch den Gerichtsarzt untersucht werden, welcher sich 
gutachtlich darüber zu äußern hat, ob und wie weit dieselben 
anwendbar sind. 
Vaganten, Arrestanten cc. müssen vor der Ablieferung 
oder Weiterschaffung von dem Gerichtsarzte untersucht werden, 
der mit der größten Gewissenhaftigkeit ein Gutachten darüber 
abzugeben hat, ob ein Bedürfniß für Vorspann besteht und ob 
die Reise überhaupt unter den gegebenen Umständen für sie 
gefahrlos ist oder nicht. « 
Auch die Eisenbahnarbeiter hat der Gerichtsarzt bei 
ihrer Aufnahme einer körperlichen Untersuchung zu unterwerfen. 
Der Gerichtsarzt ist ferner verpflichtet, alle im Unter— 
suchungs- oder Strafarreste in dem Gerichtsbezirke 
befindlichen Individuen im Erkrankungsfalle unentgeltlich ärzt- 
lich zu behandeln, und wo eine chirurgische Hilfeieistung 
erforderlich ist, unter seiner Leitung die nöthigen Verrichtungen 
durch einen Wundarzt vornehmen zu lassen. 
Er hat demnach auf erhaltene Reguisition des Gerichtes
	        
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