A. Der Steuerreformplan von 1897/1898.)
I. Finanzielle sowohl als finanzpolitische Gründe veran-
laßten die sächsische Regierung, mit Dekret Nr. 3 vom 9. No-
vember 1897 dem Landtage einen umfassenderen Steuerreform-
plan vorzulegen. Die Regierung war zu der Überzeugung ge-
langt, daß die steigenden staatlichen Finanzbedürfnisse eine
organische Steuerreform erheischten, um auf die Dauer das
Gleichgewicht im Staatshaushalte aufrecht zu erhalten. Die
erhöhten Staatsbedürfnisse bloß durch allgemeine Zuschläge zu
dem Normalsteuerfuß aller Klassen der Einkommensteuer wie
z. B. im Jahre 1895 oder durch eine Verschärfung des Ein-
kommensteuertarifs zu decken, trug man arge Bedenken.
Andererseits verkannte man nicht, daß das direkte Staats-
steuersystem Sachsens, wie man schon bei den ständischen Be-
ratungen über die Einführung der allgemeinen Einkommen-
steuer sich nicht verhehlte, nach zwei Richtungen hin reform-
bedürftig war. Einmal ließ man jene besonders dringliche For-
derung, fundierte Bezüge, d. h. solche, die aus Besitz oder Ver-
mögen fließen, höher zu belasten als unfundierte, d. h. solche,
die namentlich aus Arbeit hervorgehen, unberücksichtigt. So-
dann hatte man bekanntlich bei der Einführung der allgemeinen
Einkommensteuer zur Hauptsteuer des Staates (1878) aus dem
früheren Ertragssteuersystem nur die von neun Pfennigen auf
vier Pfennige pro Steuereinheit herabgesetzte Grund- (ein-
schließlich Gebäude-)steuer beibehalten, dagegen die Gewerbe-
und Personalsteuer vollständig aufgehoben. Hierdurch wurde
nach der Ansicht der Grundbesitzer eine einseitige und damit
ungerechte Vorausbelastung der einen Quelle des fundierten
Einkommens, des Grund- und Gebäudebesitzes, begründet. „Da-
her machten sich auch schon kurze Zeit nach Verabschiedung
1) S. besonders die ministerielle Denkschrift zu dem Dekret No. 3 an
die Stände vom 9. November 1897, betr. die Weiterführung der Reform der
direkten Steuern, mit fünf Gesetzentwürfen. (Die Denkschrift auch im
Finanzarchiv 1898 Bd. XV 1. Hälfte S. 382 ff... Verhandlungen über die
Reform in der II. Kammer, bes. im Dezember 1897, April, Mai 1898, in der
I. Kammer Mai 1898. Bericht der Finanzdeputation A der II. Kammer
vom 27. April 1898 über den Vermögenssteuer- (No. 233) sowie über den
Erbschafts- und Schenkungssteuerentwurf (No. 248). Über den Verlauf der
Verhandlungen über die Steuerreform vgl. den Aufsatz im Finanzarchiv
von Schanz 1898 (Bd. 15) Abt. 2 8. 388 ff.