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für juristische Personen gelten, bewegen sich im Rahmen des
Reichsgesetzes vom 13. Mai 1870 wegen Beseitigung der
Doppelbesteuerung. Nach diesem Gesetze ist bekanntlich der
Wohnsitz bzw. Aufenthaltsort der Person für die Begrün-
dung der Steuerpflicht in der Regel entscheidend. Dieser all-
gemeine Grundsatz wird aber von den schon berührten Aus-
nahmen durchbrochen.!)
Es kann hier natürlich nicht der Ort sein, zu untersuchen,
ob es zweckmäßig ist, die Steuerpflicht vorzugsweise vom
Wohnsitz abhängig zu machen. Es sei nur bemerkt, daß
manche Schwierigkeiten bezüglich gerechter interkom-
munaler und internationaler Besteuerung durch jenes
Reichsgesetz nicht beseitigt werden. Denn einmal erstreckt
es sich nicht auch auf die Gemeinden, d. h. es bezieht sich
nicht auf die Doppelbesteuerung, soweit es sich um Gemein-
den verschiedener Staaten handelt. Und dann regelt es nicht
die Besteuerung von Staatsangehörigen im Auslande seitens
des Inlandes, so daß z. B. Sachsen bis zum Inkrafttreten des
Einkommensteuergesetzes von 1900 Staatsangehörige im Aus-
lande besteuerte, obwohl diese dem Auslande gegenüber doch
auch steuerpflichtig waren resp. sind. Ganz treffend bemerkt
hierzu Schanz?): „Man wird es schließlich ebenso unverständ-
lich finden, wenn ein Staat gegenüber seinen Staatsangehörigen
im Auslande die volle Steuerpflicht neben dem ausländischen
Staat nochmals geltend machen will, als man es heute in
Deutschland in der Regel für unzulässig erklärt hat, einen
Staatsangehörigen wegen einerim Ausland begangenen und dort
gebüßten Tat nochmals zur Strafe zu ziehen.“ Hiernach scheint
es freilich empfehlenswerter zu sein, statt den Wohnsitz mehr
die „wirtschaftliche Zugehörigkeit“ — wie Schanz be-
fürwortet — entscheiden zu lassen, da ‚‚diese den Kreis der
Steuerpflichtigen in einer Weise umschreibt, welche den bei-
den Anforderungen einer innerlich begründeten und zugleich
wirksamen Abgrenzung der Steuergewalt am meisten ent-
spricht.“ — —
Endlich sei noch erwähnt, daß von der Einkommensteuer
1) Die in Betracht kommenden Bestimmungen des Reichsgesetzes von
1870 lauten:
$ 3. Der Grundbesitz und der Betrieb eines Gewerbes, sowie das aus
diesen Quellen herrührende Einkommen darf nur von demjenigen Bundes-
staate besteuert werden, in welchem der Grundbesitz liegt, oder das Ge-
werbe betrieben wird.
$ 4. Gehalt, Pension und Wartegeld, welche (nord-) deutsche Militär-
personen und Zivilbeamte, sowie deren Hinterbliebenen aus der Kasse eines
Bundesstaates beziehen, sind nur in demjenigen Staate zu besteuern, welcher
die Zahlung zu leisten hat. (Vgl. auch Th. Clauß, Das Reichsgesetz vom
13. Mai 1870 wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung, im Finanzarchiv
von Schanz, Bd. V S. 138 ff.)
8 485) G. Schanz: „Zur Frage der Steuerpflicht“ in seiner Zeitschrift Bd. IX
. 435.