Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

106 Aus den Jahren 1850 bis 1866 
heiten der auswärtigen Politik allein dem Staatsoberhaupte zustehe. Dem- 
entgegen stellte Fürst Hohenlohe den Antrag: 
1. es sei gegen den Bundesbeschluß vom 27. März 1852 und die 
ihm zugrunde liegenden Prinzipien und Motive . feierlichst Verwahrung 
einzulegen, 
2. die Regierung sei zu ersuchen .. auf geeignete Weise zur Her- 
stellung rechtlich geordneter Zustände in Kurhessen nach Kräften hinzuwirken. 
In der Sitzung der Kammer vom 4. Mai 1861 begründete er diesen 
Antrag mit folgender Rede: 
Die Ursachen, welche den Abgeordneten Völk veranlaßt haben, seinen 
Antrag über die kurhessische Frage in der Kammer der Abgeordneten ein- 
zubringen, sind Ihnen bekannt. Ich will Sie nicht ermüden mit einer 
Darstellung der kurhessischen Verfassungswirren.. Die Tatsache, an welche 
wir hier zunächst anzuknüpfen haben, ist die Intervention in Kurhessen 
im Jahre 1850. Ich bin weit entfernt, der Königlichen Staatsregierung 
daraus einen Vorwurf machen zu wollen. Die Intervention in Hessen 
war ein Glied in der Kette der Politik, zu welcher die bayrische Regierung 
durch die Ereignisse der Jahre 1848 und 1849 gedrängt wurde. Diese 
Politik fand ihre Berechtigung in der Abneigung der deutschen Stämme, 
ihre partikulare Selbständigkeit den Einheitsbestrebungen des Jahres 1848 
zum Opfer zu bringen. 
Folge dieser Abneigung war das Scheitern der Einheitsbestrebungen 
von 1848, und hierdurch war die bayrische Regierung genötigt, zum Bundes- 
tage zurückzugreifen, und die Intervention war der Schlußstein dieser 
Politik, zu welcher die bayrische Regierung zum Teil durch die Volks- 
stimmung gedrängt wurde. Die Folge der Intervention war nun der 
vielbesprochene Bericht der Bundeskommissäre sowie der darauf gegründete 
Bundesbeschluß vom 27. März 1852. Dieser Bundesbeschluß setzte die kur- 
hessische Verfassung von 1831 außer Wirksamkeit und forderte den Kur- 
fürsten auf, eine neue Verfassung zu oktroyieren und den Ständen vor- 
zulegen. 
Diese Verfassung wurde publiziert, eine Vereinbarung mit den Ständen 
aber ist bis jetzt nicht zustande gekommen. Es ist das auch ganz natürlich, 
denn auf der einen Seite hält das hessische Volk an seiner Verfassung fest 
und erkennt den Rechtsbestand des Bundesbeschlusses von 1852 nicht an, 
auf der andern Seite stützt sich der Kurfürst auf die Berechtigung, welche 
ihm durch die Autorisation des Bundesbeschlusses gegeben wurde. Das 
ist der Kern der sogenannten kurhessischen Frage. 
Ich brauche Sie wohl nicht zu ermüden mit Auseinandersetzungen 
der Rechtsfrage; auch darüber sind Sie bereits genügend informiert. Ich
	        
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