Aus den Jahren 1850 bis 1866 109
„Ich glaube, meine Herren, Sie werden aus dieser Darlegung
die Ueberzeugung gewonnen haben, daß nicht Willkür geübt worden
ist, sondern daß die Bundesversammlung, auf dem Boden der
Bundesgesetze stehend, sich berechtigt fand, in der Weise vorzu-
gehen, wie es geschehen ist.“
Sie werden in nicht gar langer Zeit von seiten des Ministertisches
wieder dieselbe Erklärung hören. Sie werden hören, daß das Staats-
ministerium den Standpunkt der Regierung in dieser Frage wahre und
die Berechtigung des Bundes vollkommen aufrechterhalten müsse.
Ich halte also die Verwahrung für nötig. Ich gehe aber noch weiter
und beantrage eine Bitte an die Krone.
Der Herr Referent hat das ganze Gewicht seiner Beweisführung gegen
diese Bitte gerichtet, die Zulässigkeit derselben bestritten und seine Ansicht
insbesondere dadurch zu begründen versucht, daß diese Bitte in keinem
Zusammenhange mit der bayrischen Verfassung stehe, also vollständig
außerhalb des Wirkungskreises der Kammern sich bewege
Ich habe schon darauf hingewiesen, daß die Aufrechterhaltung der
Staatsverfassung zu den Befugnissen der Kammern gehört; wenn also
eine Beziehung zwischen dem Bundesbeschlusse und dessen Motiven mit
dem Bestande unfrer Verfassung erwiesen ist, wenn daraus Befürchtungen
für unfre Verfassung hergeleitet werden, so ist auch die Befugnis der
Kammern gegeben, nach § 19 Titel VII der Verfassungsurkunde daraus
hervorgehende Anträge und Wünsche an die Krone zu bringen
Man hat darauf hingewiesen, daß es nicht an der Zeit sei, einen
solchen Antrag zu bringen, weil der Bund jetzt nicht mehr in der Lage
sei, einen Beschluß in dieser Angelegenheit zu fassen. Ich verweise hier
nur auf den Bundesbeschluß von 1860, in welchem eine Aufforderung an
die kurhessische Regierung enthalten ist, zur Feststellung des Verfassungs-
werks unverzüglich Einleitung zu treffen und wieder an die Bundes-
versammlung Bericht zu erstatten. Die Sache wird also jedenfalls wieder
am Bunde zur Sprache kommen, und es wird der Königlichen Staats-
regierung Gelegenheit gegeben sein, ihre Ansichten wiederholt am Bunde
auszusprechen, sie wird diese dann durch die kundgegebenen Meinungen
der Kammern verstärken können.
Ich muß nun zum Schlusse eilen und erlaube mir nur noch, auf die
politische Seite der Frage aufmerksam zu machen.
Es ist wahr, daß die kurhessische Frage als ein Mittel zu Agitationen
und politischen Umtrieben benutzt wird, sie wird benutzt, um Mißtrauen
zwischen Regierung und Volk hervorzurufen. Die kurhessische Frage hat
deshalb eine unangenehme Seite; dies kann aber bei der Entscheidung
der vorliegenden Rechtsfrage nicht ins Gewicht fallen