Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

2 Aus der Jugend (1819 bis 1847) 
Schillingsfürst und Rotenburg nahmen in den Jugenderinnerungen des 
Fürsten Chlodwig die erste Stelle ein. 
Ueber den Charakter des Fürsten Franz schreibt seine älteste Tochter, 
die verewigte Fürstin Therese von Hohenlohe-Waldenburg: „Das Verlassen 
der militärischen Karriere trübte sein ganzes Leben. Er hatte überhaupt 
einen melancholischen Zug, dabei war er aber sehr witzig und konnte sehr 
heiter sein. Er war unendlich gütig, leutselig und liebenswürdig, und 
jedermann hatte ihn gern. Für Geschichte und Politik interessierte er sich 
lebhaft und sagte stets, er habe einen prophetischen Geist: es ist wahr, 
er hat manches vorausgesehen. Nur ungern entschloß er sich, sein ihm 
liebes, stilles Daheim in Schillingsfürst zu verlassen und fast alljährlich 
mit der großen Familie nach Hessen zu ziehen, aber er brachte, den Brüdern 
zuliebe, dem guten Onkel Viktor dieses Opfer. Auch den Aufenthalt in 
Corvey##) liebte er nicht sehr und sehnte sich stets nach Süddeutschland 
zurück.“ Zur Ergänzung dieser Charakteristik seien noch die Worte einer 
langjährigen Hausgenossin, der Erzieherin der Fürstin Therese, Frau 
Schneemann geb. Freiin von Etzdorff, angeführt. „Der Stern und die Leuchte 
seines Lebens,“ schreibt sie über den Fürsten Franz, „war die Liebe zu 
seiner Gattin. Deren hoher Geist, ihre Charakterstärke und ihre treue Liebe 
haben das höchste Verdienst. „Meine Frau trägt ihren Namen (Konstanze) 
mit Recht, sagte er einst, da er ihre liebevolle und geduldige Pflege in 
einer längeren Krankheit lobte. Er hatte nicht viel studiert, aber instinktiv 
hatte er über viele Dinge ein besseres Urteil als mancher Gelehrte. Geschichte 
war ihm ein liebes Studium und erhielt sein Urteil klar und unparteiisch. 
Er hatte keine Standesvorurteile, ehrte die Arbeit und die braven, recht- 
schaffenen Menschen in jedem Lebensverhältnis. Die Josephinische Luft, 
welche damals die höheren Schichten, auch in Oesterreich, für eine Zeit 
wenigstens gereinigt hatte, hatte wohltätig auf ihn gewirkt. In guten 
Stunden war sein geistreicher Witz entzückend. Und nun sein Leben in 
der Familie! Dem Vaterlande konnte er in jener Zeit nichts sein, so ließ 
er im Hauche seiner Vaterliebe seine Kinder um sich herum erblühen. 
Viele Abende verlebte er in ihrem Kreise, und alle umfaßten ihn mit dem 
gleichen schrankenlosen Vertrauen. Die Fürstin war Aristokratin, aber ihr 
unerbittlicher Verstand ersparte ihr die Verirrungen, die andre sich zu- 
schulden kommen lassen. Dazu kam die schöne Humanität und beider so 
aufgeklärte religiöse Ansichten, die allen ihren Handlungen den Stempel 
aufdrückten. Im wahren Sinne des Wortes waren beide edle Fürsten 
und waren es, weil sie edle Menschen waren."“ 
Während die Söhne katholisch erzogen wurden, folgten die Töchter 
1) Siehe Seite 4. 
 
	        
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