Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

112 Aus den Jahren 1850 bis 1866 
Adjutanten und hörte von ihnen verschiedene Details der Tat, die übrigens 
in allen Zeitungen stehen. Merkwürdig war eine Glückwunschadresse, 
welche dem Adjutanten des Königs aus Tharandt geschickt wurde. Sie 
lautete ungefähr: „Die preußischen Studenten Tharandts reiben zur Freude 
über die glückliche Rettung des Königs unter Pereat des Attentäters einen 
patriotischen Salamander.“ 
Heute war ich bei dem badischen Minister von Roggenbach. Wir 
kamen bald auf die deutsche Politik zu sprechen. Er äußerte sich darüber 
ungefähr in folgender Weise: es sei ein unbegründeter Vorwurf, wenn 
man ihn mit dem Nationalverein identifiziere oder ihm vorwerfe, daß er 
Preußen zu einer unionistischen Politik treiben wolle. Er halte den 
Nationalverein für unnütz und für positiv nachteilig, er sei die irreguläre 
Truppe in dem Feldzuge. Vor allem handle es sich darum, daß man 
auf preußischer Seite wisse, was man wolle. Sei man überhaupt dort 
zu ängstlich, um sich an die Spitze von Deutschland zu stellen, so möge 
man den Wagen nicht aus der Remise ziehen. Da aber doch auch von 
den ängstlichen Leuten zugegeben werden müsse, daß etwas zu geschehen 
habe, um dem Bedürfnisse größerer Einheit zu entsprechen, da es im 
Interesse der Erhaltung der einzelnen Dynastien sei, nicht bei der Ver- 
teidigung unhaltbar gewordener Positionen zu beharren, so sei es nötig, 
sich über das Ziel klar zu werden. Seiner Ansicht nach dürfe Preußen 
weder eine Annexionspolitik noch eine Unionspolitik verfolgen. Ersteres 
verstehe sich von selbst. Unter letzterem verstehe er eine Politik, welche 
die Konzentration auf Gebiete übertrage, wo sie nicht nötig, nicht praktisch 
und für die Erhaltung der einzelnen Staaten gefahrbringend sei, wie zum 
Beispiel die Einheit der Gesetzgebung u. dergl. Ihm scheine es vor allem 
nötig, daß die einzelnen deutschen Staaten das aufgeben, was sie faktisch 
gar nicht haben, nämlich die Verteidigung Deutschlands und die Vertretung 
Deutschlands dem Auslande gegenüber. Oesterreich müsse seinen eignen Weg 
gehen und werde es tun, wenn es einmal aufgegeben habe, Tendenzpolitik zu 
treiben, und sich der Interessenpolitik zuwende. Dann werde es einsehen, daß 
es sich des Ballasts seiner deutschen Politik entledigen müsse. Wenn dann 
in den deutschen Mittelstaaten der österreichische Einfluß aufhöre, würden 
auch diese sich eher zu einem Anschlusse an die preußische Politik verstehen. 
Im Verfolg des Gesprächs kamen wir auf die Stellung der deutschen 
Standesherren zu sprechen. Roggenbach bemerkte, er sehe mit Freude, 
wie viele deutsche Standesherren die traurige Rolle aufgeben, sich in dem 
Schlepptau der partikularistischen Junkerpolitik mitziehen zu lassen. Die 
Standesherren müßten dies zu ihrer Selbsterhaltung aufgeben. Ihre 
Stellung sei eine allgemein deutsche, ihre Politik müsse deshalb auch eine 
deutsche werden. Sie seien das Element, an dem sich die deutsche Rechts-
	        
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