Aus den Jahren 1850 bis 1866 149
großartige Stille oben auf dem Berge, den Sonnenglanz, der die großen
Zimmer durchleuchtete, und die glorreichen Sonnenuntergänge. Die Nähe
von Langenburg, wo damals noch der Fürst Ernst, Bruder meiner Mutter
und Vater des jetzigen Statthalters, wohnte, ein Mann von alter ritter-
licher Art mit seiner geistvollen und schönen Gemahlin, !) war für uns
von großem Wert. Nähere adelige Nachbarschaft gab es nicht, so daß
Schillingsfürst doch im ganzen ein einsamer Ort genannt werden konnte.
Für meine liebe Schwägerin, die von Jugend her so etwas nicht gewohnt
war, war dies in mancher Beziehung schwer, zumal die trockene Luft, der
Mangel eines Flusses und der scharfe Wind, ohne den Schillingsfürst
selten war, ihrer Gesundheit nicht zuträglich schien. Dies veranlaßte
öftere Badereisen nach Schwalbach und Schlangenbad oder an die See.
Auch nach Rauden bei Ratibor, nach England und später auch nach Wien:)
wurden öfters Reisen unternommen. Meines Bruders eigentlicher Natur
war dies viele Hin= und Herreisen nicht sympathisch. Aber er nahm von
allem das Beste heraus, machte überall interessante Notizen, hatte mit
allen Menschen lehrreiche Gespräche und stellte sein eignes Ich immer in
den Hintergrund.
Von allen seinen Reisen und Aufenthaltsorten machte mein Bruder
an den Winterabenden in Schillingsfürst Zeichnungen in ein großes
flaches Buch. Er hatte dabei das jüngste Kind auf dem Schoße, die
älteren standen daneben, und alle schauten mit größter Begier in das Buch,
in welchem sie ihre eignen Porträts in den verschiedensten Situationen
und die Porträts ihrer Eltern, Verwandten und Dienstboten unter der
Hand ihres Vaters entstehen sahen. Es entstanden auf diese Weise viele
Bücher, welche eine ganze Familiengeschichte enthalten.
Mein Bruder liebte die Jagd und war ein geschickter Schütze, aber
es geschah mit Maß. In seinen letzten Jahren im Reichskanzlerpalais
sagte er einmal zu mir: Ich kann keine Geweihe mehr sehen, denn die
Jagd ist eine Abgötterei geworden.“
Zur Ergänzung der Mitteilungen der Prinzessin Elise mögen die
folgenden Aufzeichnungen der Schwägerin des Fürsten, Prinzessin Kon-
stantin zu Hohenlohe, dienen, welche nicht das häusliche, sondern das ge-
sellschaftliche Leben des Fürsten betreffen.
„Mein Schwager Chlodwig,“ schreibt die Prinzessin, „erschien mir
stets als ein Uebergangscharakter, der, tief in den feudalen Anschauungen
der Reichsunmittelbaren wurzelnd, ein intuitives lebhaftes Verständnis für
1) Siehe Seite 84.
) Siehe Seite 99.