Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

162 Aus den Jahren 1850 bis 1866 
Leidenhayn erzählt, man räsoniere in seinem „Klub“ über den Krieg. 
„Was wir denn gegen die Preußen hätten, wozu wir für den Augusten- 
burg Krieg führten?“ so sagten die dortigen Gäste. „Wenn der Max noch 
lebte,“ setzte er hinzu, „so würde es nicht soweit gekommen sein.“ 
München, 21. Juni 1866. 
Heute hatten wir unfre letzte Sitzung über ein Gesetz, die Erwei- 
terung des Rechts der Bank zur Emission von Banknoten betreffend. 
Pfordten hielt am Schluß der Sitzung eine Abschiedsrede, in der er 
hervorhob, daß die bayrische Regierung das ihrige getan habe, um den 
Krieg abzuhalten u. s. w. Um 1 Uhr aß ich mit einer Anzahl Reichs- 
räte und Gustav Castell 1) im „Bayrischen Hof“. Gustav Castell war in 
Bamberg gewesen, um dort in der Residenz Anordnungen für das Haupt- 
quartier zu treffen und war gestern abend hierher zurückgekehrt. Prinz. 
Karl ist gestern Mittag mit seinem ganzen Hauptquartier nach Bamberg ab- 
gereist. Von der Tann ist Generalquartiermeister, eine Unzahl Offiziere u. s. w. 
reisten im Gefolge mit; desgleichen ein österreichischer General Huyn. 
Prinz Luitpold ist auch ins Hauptquartier, der König geht morgen dahin 
ab, wie man sagt, wird sich aber nur kurze Zeit dort aufhalten. Es wird 
heute wieder von Schlachten gesprochen. So soll in Sachsen oder Böhmen 
ein Kavalleriegefecht gewesen sein und bei Oppeln eine große Schlacht 
stattgefunden haben. Doch ist nichts Sicheres bekannt. Die Stimmung 
ist hier nicht begeistert. Man ist von der Notwendigkeit des Krieges 
überzeugt, beklagt ihn aber und geht ungern mit. München ist verödet, 
die Leute stehen an den Schaufenstern der Buchhandlungen, sehen die 
Landkarten an und erzählen sich die Gerüchte. 
Dusemann war eben bei mir und erzählte, der „Neue bayrische Kurier“ 
halte sich darüber auf, daß ich Reuß auf die Bahn begleitet habe. Als 
wenn darin eine Sympathie für Preußen zu finden wäre. Ich konnte 
doch Louis nicht abreisen lassen, ohne ihm das Geleit zu geben. 
Gestern Abend war ich um 11 Uhr auf der Eisenbahn, um öster- 
reichische Truppen durchpassieren zu sehen. Es waren aber nur Wagen 
mit Bedeckung von Italienisch sprechenden Soldaten. Eine Menge Zu- 
schauer lustwandelte dort umher. Ueberhaupt ist alles immer auf den 
Beinen, um nach dem Bahnhof zu gehen und dort die Truppenzüge zu 
betrachten. Ich gestehe, daß mich der Anblick traurig stimmt, da es sich 
um einen Krieg in Deutschland und zwischen Deutschen handelt. 
Hier überlegt man, ob man seine Kostbarkeiten nicht in die Schweiz 
  
1) Graf Gustav Castell-Castell, damals Artilleriehauptmann und Adjutant 
des Königs.
	        
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