Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

8 Aus der Jugend (1819 bis 1847) 
de Gingins genannt, ferner der Baron de Chavette, dessen Gattin eine 
Tochter des Duc de Berry war. Vorlesungen in der Akademie werden 
gehört und die Sitzungen der waadtländischen Volksvertretung fleißig 
besucht. Um 12 Uhr pflegt der Prinz „allein spazieren zu gehen und 
seinen Gedanken Audienz zu geben, die teils in Erinnerungen, teils in 
Plänen, teils auch in soi-disant philosophischen, wenn nicht misanthropischen 
oder philanthropischen Reflexionen bestehen“. Sieben junge Leute in der 
Pension, außer den drei Prinzen zwei Kantakuzenes, ein Holländer und 
ein Schweizer, vereinigen sich zu einer Gesellschaft, die einen Präsidenten, 
einen Vizepräsidenten und einen Sekretär hat und in französischer Sprache 
über politische Gegenstände disputiert. „Wir streiten gewöhnlich,“ heißt 
es in einem Briefe an die Prinzessin Amalie vom 15. Januar 1839, „über 
Politik. Da wird denn der Streit zuweilen so stark, daß alle blaß, grün 
und rot werden. Wir verteidigen unfre Sache, sie als Liberale die ihrige. 
Nachher ist aber alles beim alten. Jeder bleibt bei seiner Meinung. Wir 
sind jetzt sehr oft im Grand Conseil du Canton de Vaud gewesen, der 
legislativen Versammlung. Da kommt oft grauenhaftes Zeug zutage, 
sowohl in politischer als in logischer Hinsicht. Denn das hiesige Bauern- 
volk hat einen gewissen gebildeten Anstrich, der aber schlimmer ist als 
keine Bildung. Ihre Kultur ist nur Farbe. Dann brüsten sich aber diese 
Kerle mit ihrer Weisheit, rühmen ihre schöne Republik u. s. w. Ich bin 
nie mehr Monarchist und Aristokrat gewesen als hier in dieser Republik. 
Ich hasse jetzt mehr als jemals die Radikalen, da ich mehr als je hinter 
die Kulissen gesehen und ihre eigentlichen egoistischen Pläne erkannt habe. 
Uebrigens muß man auch vielen von den Leuten Gerechtigkeit widerfahren 
lassen, wie z. B. dem Professor Monnard, dessen Namen Du vielleicht in 
der Zeitung gelesen hast. Er ist zwar als Radikaler verschrien, aber nur 
ein ganz einfacher Republikaner, und das muß er auch in einer Republik 
sein. Er ist ein sehr edler, mutiger Mann und der beste Redner im Grand 
Conseil. Es ist sehr interessant für uns, diese für uns neue Verfassung 
genau kennen zu lernen. 
Du kannst Dir nicht denken, wie angenehm es ist, in der Gesellschaft 
Französisch zu sprechen. Jetzt, da ich etwas Geläufigkeit habe, finde ich 
immer mehr, daß die französische Sprache dazu geschaffen ist. Man kann 
den ganzen Abend sprechen und hat dann doch nichts gesagt. Mehrere 
Franzosen sind indessen hier, von denen man bisweilen interessante Dinge 
erzählen hört, wie z. B. der bekannte Karlist Chavette, ein höchst liebens- 
würdiger Mann.“ 
Vom 5. März bis 29. April machten die Prinzen eine Reise nach 
Italien, die sie bis Neapel führte. In Rom trafen sie mit dem Prinzen 
Albert von Koburg zusammen.
	        
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