Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Aus den Jahren 1850 bis 1866 171 
und womit er in seinem Zimmer umhergeht. Unterdessen handelt es sich 
darum, dem Königreich Bayern dreißigtausend Einwohner in Franken und 
siebenhunderttausend in der Pfalz wegzunehmen. 
Der Herzog von Nassau ist hier. Er trägt eine blaue Brille und 
sieht wie ein Käuzchen aus. Warum er in Uniform geht, weiß ich nicht; 
vielleicht haben ihm die Preußen seine Zivilkleider weggenommen. Ich 
finde es begreiflich und vom „rein menschlichen“ Standpunkt aus zu ent- 
schuldigen, wenn sich diese vertriebenen oder, wie man jetzt zu sagen pflegt, 
„depossedierten“" Monarchen an die fremden Mächte um Hilfe gegen Preußens 
„Vergewaltigung“ wenden. Vom deutschen Standpunkt aus läßt es sich 
aber nicht rechtfertigen, und im Interesse Deutschlands ist ihnen das Miß- 
lingen ihrer Intrigen zu gönnen. 
Meine Anwesenheit wird noch immer mit großem Mißtrauen betrachtet. 
Wenn der Geheimrat Aretin ein wirklicher Basilisk wäre, so hätte er mich 
mit seinen Blicken schon längst vergiftet. Auch in vielen andern Blicken sehe 
ich solche mißtrauischen Gedanken. Prinz Ludwig ist noch nicht außer 
Gefahr. Man hat die Kugel noch nicht gefunden. 
Bayern wird wahrscheinlich zwanzig Millionen Gulden zahlen und 
einen kleinen Teil von Unterfranken und ein Stück von Oberfranken, 
Hof u. s. w. abtreten müssen. Das ist das Neueste. 
Bei der Beratung des Gesetzentwurfs über die an Preußen zu 
zahlende Kriegsentschädigung hatte die Kammer der Abgeordneten den 
Wunsch ausgesprochen, „Seine Majestät der König wolle allergnädigst 
geruhen, dahin zu wirken, daß durch einen engen Anschluß an Preußen 
der Weg betreten werde, welcher zurzeit allein dem angestrebten Endziele 
entgegenführen kann, Deutschland unter Mitwirkung eines freigewählten 
und mit den erforderlichen Befugnissen ausgestatteten Parlaments zu 
einigen, die nationalen Interessen wirksam zu wahren und etwaige Angriffe 
des Auslands erfolgreich abzuwehren“. 
Der Referent der Kammer der Reichsräte, Freiherr von Thüngen, 
konnte diesen Antrag zur Zustimmung nicht empfehlen, sondern nur etwa 
in folgender Fassung: „Wir wünschen, daß Seine Majestät der König im 
Falle eines Angriffs des Auslands auf deutsches Gebiet mit allen Kräften 
des Volks und des Heeres diesem Angriffe entgegentreten werde.“ Fürst 
Hohenlohe trat dagegen in der Sitzung der Kammer der Reichsräte vom 
31. August 1866 für den Antrag ein. „Mir scheint,“ sagte er, „dieser 
Antrag von hoher Bedeutung zu sein. Er führt uns mit einem Male in 
die deutsche Frage und zeugt von einer Meinungsänderung des ganzen 
Landes von so durchgreifender Art, wie sie mir in meinem politischen Leben 
noch nicht vorgekommen ist. Als ich vor siebzehn Jahren in der Sitzung
	        
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