Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 195 
sei, unter sich einzuführen. Bezüglich der süddeutschen Festungen bestimmte 
das geheime Uebereinkommen, daß Baden veranlaßt werden solle, Rastatt 
zu erhalten, während Bayern und Württemberg Ulm und Neu-Ulm als 
einen gemeinschaftlichen Waffenplatz erhalten und verwalten wollten. 
Gemäß der Uebereinkunft wurden die Einladungen nach Stuttgart 
von der württembergischen Regierung vollzogen. 
Inzwischen gaben die Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten 
über die an den König zu richtende Adresse dem Fürsten die erste Ge- 
legenheit, sich über die Ziele seiner deutschen Politik öffentlich aus- 
zusprechen. 
Rede in der Kammer der Abgeordneten am 19. Januar 1867. 
Meine Herren! Der Ihnen vorliegende Antrag gibt mir die erwünschte 
Gelegenheit, die Stellung zu bezeichnen, welche die Staatsregierung der 
deutschen Frage gegenüber einzunehmen beabsichtigt. 
Ich werde versuchen, dieses mit möglichster Bestimmtheit zu tun. 
Nach der Auflösung des Deutschen Bundes und mit dem Austritt 
Oesterreichs aus Deutschland ist die Stellung der deutschen Mittelstaaten 
vollkommen verändert und unleugbar gefährdet. 
Ich unterlasse es, einen Rückblick auf die bayrische Politik der letzten 
Jahre zu werfen und zu untersuchen, ob Bayern Mittel und Gelegenheit 
geboten waren, dieser gefahrvollen Wendung der Dinge vorzubeugen. 
Die praktische Politik ist angewiesen auf die Tatsachen der Gegenwart; 
die Vergangenheit kann sie der Beurteilung der Geschichte überlassen. 
Meine Herren! Ich habe zu verschiedenen Zeiten die Gelegenheit 
gehabt, mich über das Verhältnis Bayerns zu Deutschland auszusprechen, 
und habe dies stets mit größter Offenheit getan. Ich bezeichne auch heute 
noch als den Zielpunkt der bayrischen Politik: die Erhaltung Deutschlands, 
die Einigung der Gesamtzahl der deutschen Stämme und, soweit dies nicht 
möglich ist, der größeren Zahl derselben zu einem Bunde, geschützt nach 
außen durch eine kräftige Zentralgewalt und im Innern durch eine parla- 
mentarische Verfassung, unter gleichzeitiger Wahrung der Integrität des 
Staates und der Krone Bayerns. 
Wenn ich nun, meine Herren, diesen Bund als den Zielpunkt der 
bayrischen Politik anerkenne, so darf ich mich doch der Wahrnehmung 
nicht verschließen, daß ein solches Ziel jetzt und unmittelbar nicht zu er- 
reichen ist. 
Preußen war beim Abschlusse des Prager Friedens veranlaßt, sich 
auf die Bildung eines engeren Bundesverhältnisses nördlich von der Linie 
des Mains zu beschränken, und hat diese Beschränkung durch Unter- 
zeichnung des Friedensvertrages als für sich bindend anerkannt. Sie
	        
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